Seit diesem Sommer zieht ein enges Paar zweier Sterne – oder vielleicht auch interessanterer Himmelkörper – so dicht an der Sichtlinie zu einem fernen Stern vorbei, dass ihre Schwerkraft dessen Licht Richtung Erde fokussiert und ihn so heller erscheinen lässt: Die Vordergrundsterne spielen also Gravitationslinse, und der Vorgang wird Microlensing genannt. Den ersten Helligkeitsanstieg entdeckte zuerst der Satellit Gaia als Nebenprodukt seiner gigantischen Kartierung der Milchstraße, und als sich die Lichtkurve interessant entwickelte, wurde rasch Alarm geschlagen: Auch Amateurastronomen wurden aufgerufen, Messungen zur Lichtkurve von „Gaia16aye“ beizusteuern, aus deren Form später eine Menge über die linsenden Sterne gelernt werden kann. Ein erstes Modell (schwarze Kurve in der Grafik oben) sagt nun ein letztes scharfes Helligkeitsmaximum von nur wenigen Stunden Dauer voraus, das sich zwar etwas verspätet hat aber nun für den Abend MEZ des 20. November erwartet wird.
Damit „stehen die Sterne günstig“ für Europa – buchstäblich, denn der Zielstern befindet sich mit 19h 40m Rektaszension und +30° Deklination im Sternbild Schwan, das am Abend noch beobachtet werden kann. Eine Sternkarte der AAVSO und großfeldigere Fotos in einem dänischen Forum helfen beim Auffinden: Der sehr helle Stern ganz in der Nähe ist der mit bloßem Auge sichtbare Phi Cygni. Die Helligkeit des gelinsten Sterns im Visuellen sollte beim finalen Peak – mathematisch gesehen einer Kaustik-Durchquerung – noch einmal von 13. auf 12. Größe ansteigen: Die Fachwelt ist an Messungen mit Zehntelgrößenklassen-Präzision und natürlich sehr genauen Zeitangaben brennend interessiert!
Daniel Fischer
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