Vollständige Himmelsüberwachung: »Evryscope«

Schema des Evryscope, auf einer deutschen Montierung: In dieser Ausführung sitzen 23 Teleskope mit 70mm Öffnung auf einer Halbkugel mit 1,2m Durchmesser und haben permanent 9600 Quadratgrad im Blick. Der 2015er-Prototyp wird zunächst weniger Teleskope verwenden, später wird dann komplettiert. [Law et al.]

Jeden Moment kann sich irgendwo am Himmel plötzlich etwas verändern: ein Stern erscheint aus dem Nichts oder wird heller, aus einer Vielzahl von Gründen, oder dunkler – etwa, weil sich ein Planet vor die Scheibe schiebt. »Time-Domain-Astronomie« wird die systematische Erforschung solcher zeitvariabler Phänomene genannt, von denen seltener vorkommende Arten noch gar nicht entdeckt sein mögen. Mit Großteleskopen und speziellen Beobachtungsstrategien wird ihnen neuerdings verstärkt nachgespürt.

Das Pan-STARRS-Teleskop hat schon erste Erfahrungen gesammelt, und das Large Synoptic Survey Telescope (LSST), das alle drei Tage den gesamten Himmel mit enormer Grenzgröße aufnehmen soll, wird ganz neue Dimensionen eröffnen. Aber was könnte man erst entdecken, wenn man den gesamten Himmel ununterbrochen im Auge hätte? Genau das wird erstmals das „Evryscope“, von dem ein Prototyp 2015 voraussichtlich in Chile den Testbetrieb aufnehmen wird: Es besteht aus Dutzenden Teleskopen von nur 70mm Öffnung, deren Bildfelder lückenlos den Himmel abdecken.

Konkret sind dies 9060 Quadratgrad oder ein Viertel der gesamten Sphäre, was dem Konzept auch den Namen Evryscope (griechisch für »weit sehen«) eingebracht hat. Die Idee ist, jeweils zwei bis drei Stunden lang nachzuführen und dann wieder etwas Richtung Osten zurückzuspringen. Das erste System, das jetzt gebaut wird, bringt es mit seinen 23 preiswerten 70mm-»Teleskopen« (eigentlich Fotoobjektiven 85mm f/1,2) und 28,8-Megapixel-CCDs dahinter auf insgesamt 660 Megapixel à 13 Bogensekunden.

Binnen Minuten wird bereits eine Grenzgröße von 16m 5 erreicht, durch Aufaddieren von Aufnahmen einer Stunde sogar 19m. Jeder Stern heller als 12m wird einmal pro Minute auf 1/1000 Größenklasse genau fotometriert – und alle Bilder werden komplett gespeichert: Wenn später ein anderes Teleskop irgendwo etwas Interessantes entdeckt hat, kann die entsprechende Stelle bis zum Projektbeginn zurück analysiert werden. Eine »Entdeckung« hat das Evryscope-Team übrigens schon im Vorfeld gemacht: Es gibt 85mm-Objektive mit derselben Bildqualität wie die zunächst eingeplanten, bei nur 1/10 der ursprünglichen Kosten.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1407.0026
Zusammenfassung:
www.technologyreview.com/view/528911/how-to-build-an-evryscope
Das LSST:
www.oculum.de/newsletter/astro/000/60/7/67.pl4co.htm#5

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