Venus’ Vulkane weiter nebulös

Künstlerische Darstellung eines aktiven Vulkans auf Venus. Die anhand von Langzeitstudien nachgewiesene erhöhte SO2-Konzentration in der Atmosphäre könnte u.a. hierin ihre Ursache haben. [ESA]

Venus ist nicht nur der innere Nachbarplanet, sondern aus unserer Sicht auch so ein wenig der missratene Zwilling der Erde. Schließlich sind Erde und Venus in Masse, Größe und Alter vergleichbar. Ob aber auf ihr – wie auf der Erde – aktiver Vulkanismus existiert, der möglicherweise einen nicht unerheblichen Anteil zu ihrem jetzigen lebensabträglichen Zustand beiträgt, ist eine Frage, die seit Jahrzehnten debattiert wird. Erkenntnisse von Venus Express, der ersten europäische Mission zur Venus, schließen solche geologische Vorgänge offenbar nicht aus. Stein des Anstoßes sind verhältnismäßig auffällige Konzentrationsvariationen des Schwefeldioxids in den höheren Atmosphärenschichten des Planeten. Die Atmosphäre der Venus besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid. Schwefeldioxid (150 ppm – parts per million, also der millionste Teil) kommt zusammen mit Argon (70 ppm) und Wasser (20 ppm) lediglich in Spuren vor. Radarbilder verschiedener Missionen haben zwischenzeitlich ca. 1000 vulkanische Strukturen auf der Venus nachgewiesen und darüber hinaus Hinweise auf mögliche periodisch wiederkehrende Oberflächenmodulationen geologischen Ursprungs geliefert. So ist beispielsweise ein Lavafluss bekannt, der Vermutungen zu vulkanischen Tätigkeiten auf der Planetenoberfläche innerhalb der letzten 2,5 Millionen Jahre bestätigt. Dessen ungeachtet ist man allerdings bis heute einen unzweifelhaften Nachweis des aktiven Venusvulkanismus schuldig geblieben. Den jüngsten Beitrag in dieser Debatte liefert nun das SPICAV-UV Spektrometer der ESA-Sonde, welches über ungewöhnlich hohe Variationen des atmosphärischen SO2 (Schwefeldioxid) zu berichten weiß.

Laut seiner Daten steigt die Konzentration des SO2 in den Jahren 2006 und 2007 oberhalb der Hauptwolkenschicht an, dann aber fällt sie während der darauffolgenden fünf Jahre stetig, bis sie 2012 schließlich einen Wert von nunmehr 100 ppbv (Teile pro Million je Volumeneinheit) erreicht. Da es auf der Venus anders als auf der Erde keine Jahreszeiten gibt, liegen zu diesem Befund zwei Erklärungsansätze nahe: aktiver Vulkanismus oder langfristige Variablen im generellen Verhalten der Atmosphäre. SO2 ist nicht nur ein essenzieller Bestandteil der unteren Venusatmosphäre, es findet sich auch als Bestandteil der Ausgasungen bei Vulkanausbrüchen. Durch aufsteigende atmosphärische Strömungen gelangt es auf Venus stetig auch in größere Höhen, wo es oberhalb ihrer Wolkendecke durch den UV-Einfluss der Sonne innerhalb eines halben Tages zerstört wird. Um einen Konzentrationsanstieg oberhalb von 70km zu gewährleisten, muss also ein verstärkter Nachschub aus tieferen Bereichen der Atmosphäre einsetzen. Wie Simulationsrechnungen zeigen, liefert eine explosive vulkanische Eruption gut verträgliche Werte hinsichtlich des beobachteten Konzentrationsanstieges. Demgegenüber steht die über Jahre auf hohem Niveau sehr stabile Konzentration des Schwefeldioxids in den unteren Atmosphärenschichten. Auch machen sich keinerlei Anzeichen erhöhter thermaler Emissionen auf der Planetenoberfläche bemerkbar, die bei angenommenen Vulkanausbrüchen nachweisbar sein sollten. Somit könnte die beobachtete erhöhte SO2-Konzentration also auch vor dem Hintergrund einer veränderten globalen atmosphärischen Zirkulationssituation zu verstehen sein, die eine verstärkte Strömung der Gasmassen von den unteren in höhere Atmosphärenschichten zur Folge hätte. Der endgültige Nachweis aktiver Venusvulkane bleibt also weiter im dichten Dunst verborgen.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo1650.html

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