„Sternenjäger“: Zeitraffer der Nacht – jetzt auf der großen Leinwand

Der Nightscape-Fotograf Babak Tafreshi im Einsatz bei den ALMA-Teleskopen in Chile - einer von einem halben Dutzend "Stars" der Szene in einer ungewöhnlichen Kino-Doku. [Universum Film]

Ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm ist gerade in einer Handvoll deutscher Programmkinos angelaufen: „Sternenjäger“ ist ein 90-minütiger Zusammenschnitt aus den 5 Folgen der deutschen arte-Fernsehserie „Expedition Sternenhimmel“ von 2017, die die Arbeit und Ergebnisse von fünf prominenten Astrofotografen zeigte. Nun also auch in ganz groß.

„Astrofotograf“ trifft es dabei nicht ganz: Den fünf Kinohelden – zwei davon aus Deutschland, Bernd Pröschold und Gernot Meiser – geht es nicht um harte Deep-Sky- oder Planetenfotografie. Sondern überwiegend um etwas, das neuerdings als Nightscapes bezeichnet wird: nächtliche Landschaftsaufnahmen mit dem Sternenhimmel und reichlich Milchstraße darüber – und das Ganze in beschleunigter Bewegung. Mit einer absurd-unnötigen Ausnahme (partiellen Phasen einer Sonnenfinsternis mit Wolkengewusel gemischt) ist alles echt: Winzige Artefakte, namentlich immer wieder mal Flugzeuge im Bild, verraten, dass hier nicht etwa Standbilder des Himmels mit den Landschaften im Rechner kombiniert wurden. Die Qualität der meist weitwinkligen Zeitraffer-Sequenzen ist atemberaubend, auch auf der großen Leinwand: in Schärfe und Dynamik ebenso wie in sprungfreien Dämmerungsverläufen (ein unerwartet komplexes Problem) – und sie wirken weitgehend für sich, denn Hintergründe werden kaum geliefert.

Der Film zeigt zwar die mühsamen Reisen der Protagonisten, um zu ordentlich dunklem Himmel (und schönem Vordergrund) zu kommen, aber zur Aufnahmetechnik und den mindestens so großen Mühen der Bildverarbeitung erfährt der Zuschauer nichts. Und genau so wenig zu dem, was da eigentlich am Himmel passiert – der Off-Sprecher (Rufus Beck) reißt stattdessen einen Himmelsmythos nach dem anderen an, meist ohne weiteren Kontext. Abwechslung ist immerhin garantiert: Der praktisch roter-Faden-lose Schnitt springt ständig zwischen den Schauplätzen Chile, Norwegen, Indonesien, Kanada und Australien hin und her, die mitunter auch mal am Tage effektiv in Szene gesetzt werden (insbesondere Vulkane in Indonesien). Wem würde das gefallen? Amateurastronomen werden manchen Aha-Effekt genießen, Naturfreunden ohne astronomische Vorkenntnisse am Ende vermutlich der Kopf schwirren: Vom gar nicht mal kleinen Publikum einer Aufführung in Bochum heute blieben jedenfalls ungewöhnlich viele auch nach Ende des Abspanns wie benommen sitzen …

LINKS:
Homepage des Films (mit Kino-Liste): http://www.sternenjaeger-film.de
Homepage Pröschold: http://www.sternstunden.net
Homepage Meiser: http://www.mobile-sternwarte.de
Interview mit einem der Produzenten: http://www.deutschlandfunkkultur.de/dokumentarfilm-sternenjaeger-das-bewusstsein-wo-wir-uns.1008.de.html?dram:article_id=420263
Eine treffende Kritik: http://www.stimme.de/deutschland-welt/panorama/tlsch/kino/kino_kritik/Experten-fuer-die-Unendlichkeit;art136718,4037867

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