Rosettas Komet Churyumov-Gerasimenko ist explosiv veranlagt

Eine Staubfontäne auf der Oberfläche des Kerns von Komet Churyumov-Gerasimenko am 3. Juli 2016: Wie die Analyse dieser Aufnahme der OSIRIS-Kamera und etlicher weiterer Instrumente ergeben hat, war dafür nicht (nur) die Sonneneinstrahlung verantwortlich. Der Staub ist so dicht, dass er einen markanten Schatten (nach unten) wirft. [ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA]

Das einfache Bild der Aktivität von Kometen – die Sonnenwärme treibt Eis in den Gaszustand, und Staubteilchen werden mitgerissen – trifft nicht immer zu: Das zeigt die umfassende Analyse einer Eruption auf dem Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko, den mindestens 5 Instrumente auf der nahen Raumsonde Rosetta mit ganz unterschiedlichen Methoden verfolgen konnten. Eine andere Energiequelle steckt zumindest hinter einem Teil kometaren Geschehens.

Auch über ein Jahr nach dem Ende der Rosetta-Mission tauchen Bilder vom Kometen Churyumov-Gerasimenko auf, die die Öffentlichkeit bisher nicht kannte. Etwa von einem isolierten Staub-Ausbruch im Sommer 2016, zu dem nun eine besonders umfangreiche Arbeit vorgelegt wurde: Nicht nur hat ihn die Kameras Rosettas gesehen, er wurde auch von mehreren weiteren Instrumenten verfolgt – und das nicht nur per Fernerkundung. Denn die freigesetzten Staubteilchen haben Rosetta selbst erreicht und wurden von zwei Staubdetektoren an Bord direkt erfasst, was maßgeblich zu einer quantitativen Beschreibung der Staubwolke beiträgt. Zwar war Rosetta auch vorher schon durch frische Staubwolken hindurch geflogen, aber dann fehlte immer der Kontext: Nun aber konnten der Ausbruch selbst – der zwischen 14 und 68 Minuten dauerte – und seine Folgen beobachtet und dank der genauen Lokalisierung auch die „geologischen“ Gegebenheiten an der aktiv gewordenen Stelle vor- und nachher untersucht werden.

Der Schauplatz des Juli-Ausbruchs 10 Stunden vorher, in Falschfarben, die wasserreiche Bodenabschnitte blau erscheinen lassen. Die Fontäne kam dann vom Fuß der Wand links an der „blauen“ Senke neben dem großen „Felsen“ unten. [ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA]
Der Ausbruch hatte sich demnach nahe einer 10 m hohen Wand neben einer Wassereis-reichen Grube erreignet, wo erst 6 Minuten vorher die Sonne aufgegangen war (während es ganz in der Nähe schon ein halbes Jahr vorher einen viel kleineren Ausbruch gegeben hatte). Zwischen 6,5 und 120 Tonnen Staub, entsprechend einer 10 bis 50 cm dicken Schicht, wurden mit 10 bis 30 kg/s fortgeblasen: Das kann allein im schwachen Sonnenlicht – der Komet war lange nach dem Perihel bereits wieder im 3,3-fachen Abstand der Erde von der Sonne – sublimierendes Eis unmöglich geschafft haben. Vielmehr muss dicht unter der Oberfläche ein zusätzlicher Mechanismus in Lauerstellung gewesen sein, den der Sonnenaufgang lediglich ausgelöst hat: Die besten Kandidaten sind wohl eine Gasblase unter Druck und Wassereis in amorphem Zustand, das beim Einnehmen einer Kristallstruktur Wärme freisetzt. Entschieden werden kann das vielleicht nach detaillierter Modellierung des Ausbruchs, aber es scheint schon jetzt sicher, dass dies kein exotischer war: Staubbeschleunigung, die nicht nur simple Sublimation erklärt werden kann, war bei Churyumov-Gerasimenko schon mehrfach festgestellt worden. Der unterirdische Zusatzmechanismus könnte damit bei seiner Aktivität insgesamt eine erhebliche Rolle spielen.

LINKS:

Originalarbeit: https://academic.oup.com/mnras/article/469/Suppl_2/s606/4565550/Evidence-of-subsurface-energy-storage-in-comet-67P
ESA Press Release: http://sci.esa.int/rosetta/59702-rosetta-finds-comet-plume-powered-from-deep-below
Pressemitteilung des MPS: http://www.mps.mpg.de/Kometensonde-enthuellt-Staubwolke

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