Die hellsten Infrarot-Galaxien – alles Gravitationslinsen

So sieht das Hubble Space Telescope drei der im Infraroten hellsten Galaxien am Himmel: Sie sind sehr weit entfernt, haben enorme Sternbildung, und ihre (durch viel Staub ins Infrarote gewandelte) Strahlung wird durch die Gravitationslinsen-Wirkung einer Vordergrundgalaxie noch einmal um das etwa Zehnfache verstärkt. Beleg für den Linseneffekt ist ihre starke Verzerrung zu Bögen oder gar Ringen. [NASA, ESA, and J. Lowenthal (Smith College)]

Das Hubble Space Telescope beschäftigt sich derzeit mit den im Infraroten hellsten Galaxien am Himmel ( Infrarot-Galaxien ) – und gerade hat das Team um James Lowenthal auf einer Tagung in Texas einen Zwischenbericht gegeben: Ausnahmslos alle untersuchten Fälle haben sich als Gravitationslinsen entpuppt, bei denen eine Vordergrundgalaxie ihre Strahlung erheblich verstärkt. Enorme Lichtquellen im frühen Kosmos sind diese ungewöhnlichen Galaxien gleichwohl, und was sie antreibt, ist nicht wirklich klar.

Sternsysteme, die im sichtbaren Licht nicht viel her machen, dafür aber eine Unmenge Wärmestrahlung absondern, gibt es auch im ‚lokalen‘, also heutigen, Universum: Sie werden Luminous Infrared Galaxies (LIRGs) genannt, wenn sie zwischen 10^11 und 10^12 Sonnenleuchtkräfte haben, und Ultra-Luminous Infrared Galaxies (ULIRGs), wenn sie die Billionenmarke noch übertreffen. Wie sie entstehen, wird inzwischen verstanden: Meist sind es Kollisionen von Galaxien, die die Bildung zahlreicher neuer Sterne anregen, wobei wiederum so viel Staub entsteht, dass er ihr Licht verschluckt und als Infrarotstrahlung wieder abgibt – gerade wurde ein neuer Katalog mit 200 Einträgen fertig gestellt. Doch Lowenthals Leute waren hinter den leuchtkräfigsten IR-Galaxien überhaupt her, die extrem selten und über den gesamten Himmel verteilt sind: Sie hatten mit Hilfe der kompletten Karte des infraroten Himmels vom Satelliten Planck – einem Nebenprodukt seiner kosmologischen Aufgaben – einen Kandidatenkatalog erstellt und mit Hilfe weiterer Beobachtungen eingedampft. Und schließlich die Möglichkeit bekommen, die 22 vielversprechendsten ausgewählten Submillimeter-Galaxien (SMGs) mit dem Hubble Space Telescope im sichtbaren Licht besonders scharf aufzunehmen: 8,5 bis 11 Mrd. Jahre war ihr Licht unterwegs.

Das erste Dutzend SMGs ist nun untersucht worden, und in ausnahmslos allen Fällen hat Hubble eindeutig eine Gravitationslinse erkennen können: an stark verzerrten oder gar – in gleich 8 Fällen – zu kompletten Kreisen deformierten Bildern der fernen Galaxien. Auch auf dem ganz frisch herein gekommenen Hubble-Bild der 12. SMG, das Lowenthal noch nicht einmal seinen Kollegen gezeigt hatte, prangten prompt wieder solche Bögen. Zwar ist die Verzerrung enorm, aber zum einen bündelt die Vordergrundgalaxie – es kann eine einzelne oder ein ganzer Haufen sein – die Strahlung der fernen ULIRGs so zur Erde, dass sich ihre scheinbare Helligkeit etwa verzehnfacht. Und sie werden auch räumlich vergrößert, so dass mit einigem Geschick Einzelheiten erkannt werden können, die selbst Hubble sonst verborgen blieben. Das mag bei der Aufklärung ihrer enormen Sternentstehungsrate – 10.000 Sterne und mehr pro Jahr – und Leuchtkraft von 10 bis 100 Billionen Sonnen helfen: Galaxien-Verschmelzungen waren damals seltener als heute, und andere Auslöser dürften im Spiel gewesen sein. Als Nebenprodukt der Hubble-Aufnahme der SMGs hat sich übrigens die Zahl der bekannten Gravitationslinsen am Himmel signifikant erhöht – und für Lowenthal war es auch eine ganz wesentliche Erkenntnis, dass unser Bild des gesamten fernen Kosmos durch die Linsenwirkung näher stehender Galaxien mehr oder weniger subtil manipuliert wird.

LINKS:

HST Press Release: http://hubblesite.org/news_release/news/2017-24
Hubbles 12. Objekt: https://twitter.com/cosmos4u/status/872181174990405633
IR-Galaxien im ‚lokalen‘ Universum: http://goals.ipac.caltech.edu

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