Auf vielen Kuppeln: Eintauchen ins moderne Bild des Planetensystems

Die Saturnringe aus der Nähe gesehen: eine Szene aus einem neuen Planetariumsprogramm zahlreicher Häuser, in deren Details mehrere aktuelle Fachveröffentlichungen einflossen. Man beachte die Astronauten, die sich an einem Ringteilchen zu schaffen machen. [Kooperation "Planeten - Expedition ins Sonnensystem"]

Die deutschsprachigen Planetarien haben es wieder geschafft: Zum dritten Mal hat ein Konsortium von inzwischen 19 Häusern gemeinsam eine aufwändige Show produziert, die es mit den besten kommerziellen Produktionen auf dem Markt aufnehmen kann und die dieser Tage oder in kommenden Monaten in vielen Kuppeln ihre Premiere feiert. „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ basiert auf Bildern und anderen Erkenntnissen von Raumsonden aus jüngster Zeit und übersetzt sie akkurat in eine visuell mitunter überwältigende 50-Minuten-Show.

Spezialisten für Computergrafik vor allem am Planetarium Münster (und für einzelne Szenen auch in Bochum und Chicago) sowie bei zwei deutschen Spezialfirmen haben ausgewählte Körper des Planetensystems – den Mond, Mars, einen Kometenkern, Jupiter, Io, Europa, die Saturnringe, Titan, Enceladus und Pluto – anhand digitaler Geländemodelle oder wissenschaftlicher Analysen akribisch dreidimensional nachgebaut und dabei viele Terabyte Originaldaten verarbeitet. Um den Zuschauer in diese zunehmend exotischen Welten mit zu nehmen, haben die Produzenten um den Müsteraner Planetariumsleiter Björn Voss ihr Sonnensystem mit Raumfahrern bevölkert, die in Landschaften herumlaufen oder -fahren, um den Kometen und Ringpartikel herum schweben oder in futuristischen Raumschiffen unterwegs sind. Die Show setzt ganz auf den Immersionseffekt, den die „Fulldome“-Projektion mit Millionen Pixeln im Halbraum und extra hoher Bildrate möglich macht, und um den Zuschauer geradezu in die einzelnen Szenen hinein zu saugen, wird wiederholt ein rasantes Stilelement verwendet, dass Planetarien bis vor kurzem noch gar nicht kannten. Es beginnt jeweils mit dem Himmelskörper von ferne, dann stürzt der Betrachter heran, immer mehr Details werden sichtbar und schließlich auch unsere Raumfahrer erkennbar, die auch eine Rolle als Größenmaßstab spielen.

Die Erkundung eines Kometenkerns – Churyumov-Gerasimenko nachempfunden – aus der Nähe gehört zu den visuellen Höhepunkten der „Planeten“ – und mündet unverhofft in die einzige ‚Action‘-Sequenz der Show. [Kooperation „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“]
Dass viele unabhängige Grafiker an den „Planeten“ gearbeitet haben, fällt kaum auf: Die Show erscheint wie aus einem Guss, hat kaum Längen und prescht mitunter von einem optischen Höhepunkt zum nächsten. Herausragend dabei die Erkundung des Kometenkerns mit der verwegenen Topografie des Rosetta-Ziels, der plötzlich zum Leben erwacht, ein Sturzflug in eine der Spalten auf dem Saturnmond Enceladus hinein und in den Ozean unter seiner Eiskruste – oder der Besuch bei den Saturnringen aus größter Nähe. Die Eisbrocken, aus denen er besteht, und ihre räumliche Verteilung sehen dabei anders aus als in manch früherer Planetariumsshow: Erkenntnisse über gegenseitiges Rundschleifen und Auswertungen von Sternbedeckungen sind in das Modell eingegangen. Und auch in den unterschiedlichen Atmosphären der besuchten Himmelskörper steckt viel Forschungsarbeit: So ist ein kurioses Halo-Phänomen in der Hochatmosphäre des Jupiter das Ergebnis einer komplexen Simulation, und der leichte Dunst, der über den Pluto weht, wurde eigens mit einem Forscher der New-Horizons-Mission abgestimmt. Reine Fantasie sind – neben den ‚Raumfahrzeugen‘ natürlich – lediglich ein paar Landschaften auf Exoplaneten, die die fulminante Reise beschließen, auf der auch Planeten-Kenner noch manches lernen können.

LINK:
Pressemitteilung des LWL zur Premiere in Münster: http://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=42017

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