Das gigantische optische Interferometer des Very Large Telescope auf dem Cerro Paranal in Chile hat sie möglich gemacht: die schärfsten Beobachtungen eines Sterns außer der Sonne. Der Rote Überriese Antares zeigt in bestimmten Wellenlängen ausgedehnte helle Flecken – und die gleichzeitig gemessenen Geschwindigkeiten des Gases zeigen heftige Bewegungen, die sich erst einmal der Erklärung entziehen.
Für die Beobachtung des 600 Lichtjahre entfernten Sterns, der sich am Ende seines Lebens mächtig aufgebläht hat, wurde in den unterirdischen Kanälen des Very Large Telescope Interferometer von drei bis zu 82 Meter voneinander entfernten Teleskopen eingefangenes Licht wellengenau zusammen geführt und von dem Instrument AMBER analysiert: Vier verschiedene Dreier-Kombinationen der kleineren Auxiliary Telescopes des VLT wurden dafür verwendet, denn bei dem hellen Stern waren die eigentlichen 8-Meter-Teleskope gar nicht nötig. Bei der interferometrischen „Zusammenschaltung“ der Teleskope in unterschiedlichen Konfigurationen entstehen nicht nur zweidimensionale Bilder, auf denen der 0,038 Bogensekunden große Stern – der real 700-mal so groß wie die Sonne ist – locker räumlich aufgelöst wird, es wird dabei in gleich 331 verschiedenen Farben parallel beobachtet. Damit liegt für also jeden 0,005 Bogensekunden großen Bildpunkt ein kleines Spektrum vor, und aus Wellenlängenverschiebungen lässt sich die Geschwindigkeit von Gaswolken entlang der Sichtlinie bestimmen, auch für die ausgedehnte Atmosphäre über der Sternoberfläche (Bild rechts).
Die Interpretation der Bilder wie Geschwindigkeitskarten ist nicht trivial: Rote Überriesen sind ein ganz anderer Sterntypus als etwa die Sonne. Im Kontinuumslicht war der Kontrast gering, nur vage war ein heller Fleck auszumachen. Aber bei 2,3 µm, wo das Molekül Kohlenmonoxid das Licht von der Sternoberfläche absorbiert, machten sich zwei markante helle Streifen bemerkbar (Bild links), mit bis zu 20% Kontrast: An diesen Stellen ist wohl die Dichte des CO geringer, und der Blick reicht in tiefere, wärmere Schichten. Die größte Überraschung waren aber die Bewegungen dieses Gases: heftig, inhomogen und mit großen Klumpen, die mal mit 10 km/s nach oben und mal mit 20 km/s nach unten rasen. Und das nicht nur auf dem Stern selbst sondern auch in der Atmosphäre bis 0,7 Antares-Radien Höhe. Das sind viel stärkere Bewegungen als sie bei vergleichbaren Sternen schon gemessen wurden (etwa 5 km/s beim Beteigeuze), und einfache Konvektion – ein „Brodeln“ der Sternoberfläche – reicht als Erklärung nicht: Nun wird nach einem zusätzlichen Mechanismus gesucht, der insbesondere die Antares-Atmosphäre in Wallung bringt.
LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1708.06372
ESO Press Release: http://www.eso.org/public/news/eso1726
PM der MPG: https://www.mpg.de/11451979/antares-atmosphaere-masseverlust
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