Schon vor Jahrtausenden sah die Menschheit praktisch dieselben Sternbilder und Sterne. Ist der Sternhimmel also unveränderlich? Weit gefehlt: Auch Sterne werden geboren, leben und sterben. Allerdings ist ein Sternleben um ein Vielfaches länger als ein Menschenleben: Es dauert Millionen bis Milliarden Jahre.
Am Anfang eines Sternlebens steht natürlich die Geburt, und die klingt recht ungemütlich. In den Galaxien befindet sich zwischen den Sternen fein verteiltes Material. Dieses interstellare Medium ist mit etwa einem Teilchen pro Kubikzentimeter sehr dünn. Es gibt allerdings auch Regionen, in denen es dichter ist. Mal ist es heißer und mal kälter.
Die Kreißsäle der Babysterne sind mit rund -260°C extrem kalt und bestehen aus dichten, mehrere Lichtjahre durchmessenden Staubwolken. Astronomen beobachten sie z.B. in Form des Pferdekopfnebels im Orion oder des Adlernebels in der Schlange. Wenn Astronomen von Staub sprechen, meinen sie nicht etwa Staub, wie wir ihn unter unseren Betten finden, sondern komplexere Moleküle wie Kohlenmonoxid, Ameisensäure oder Ethanol. Die Schwerkraft kann kleine Bereiche der Wolke zum Kollaps bringen. Dadurch fragmentiert sie. Dabei heizen sich diese Klumpen auf. Die Masse der Ansammlung, die da in sich zusammenstürzt, entscheidet darüber, was weiter geschieht. Bei weniger als acht Prozent der Sonnenmasse gibt es eine »Fehlgeburt «. Es entsteht kein Stern, sondern so etwas Ähnliches wie der Gasplanet Jupiter. Diese rot und infrarot leuchtenden Übergangsobjekte heißen Braune Zwerge und sind sehr langlebig,
aber keine Sterne.
Energie aus Kernfusion
Je nach Masse hat der werdende Stern in dieser Vorhauptreihenentwicklung genannten Phase nun schon 10.000 bis 100 Millionen Jahre auf dem Buckel. Ab acht Prozent der Sonnenmasse wird die Masse im Innern mit rund einer Million Grad heiß genug, dass leichte Wasserstoff-Atomkerne zu Helium verschmelzen. Dabei wird Energie in Form von Gammastrahlung und Wärme frei, wandert vom Zentrum des Sterns an dessen Oberfläche und wird dort abgestrahlt.
Genau diesem Prozess verdanken wir das Sonnenlicht. Die Sonne scheint schon seit fast fünf Milliarden Jahren und wird noch einmal fast genauso lange strahlen. Zum Ende hin wird sie sich zu einem Roten Riesenstern aufblähen, ihre Hülle abstreifen und einen erdgroßen, sehr heißen Weißen Zwerg übriglassen, der in vielen Milliarden Jahren langsam auskühlt. Die Oberflächentemperatur bestimmt die Farbe des Sterns: Heiße Sterne (Spektralklassen O, B, A) sind blauweiß, z.B. Rigel im Orion. Kalte Sterne (Spektralklasse M) sind rot, z.B. Proxima Centauri, der nächste Stern nach der Sonne. M-Sterne können bis 50 Milliarden Jahre alt werden.
Unsere Sonne ist astronomisch gesehen nur ein gelber Zwerg. Denn die Milchstraße beherbergt Sterne so massereich wie hundert Sonnen. Hier drückt ihr eigenes Gewicht so sehr auf das Sterninnere, dass sie extrem heiß werden. So heiß, dass noch schwerere Elemente als Wasserstoff verschmelzen können. Astronomen sprechen vom Helium-, Kohlenstoff-, Sauerstoff-und Siliziumbrennen. Massereiche Sterne sind daher aufgebaut wie eine Zwiebel: Im Zentrum fusionieren die schwersten Elemente. Die Schicht direkt darüber ist etwas kühler, so dass dort leichtere Elemente verschmelzen. Ganz außen befindet sich die Wasserstoffhülle.
Paradoxerweise sind massereiche Sterne viel kurzlebiger als die Sonne, weil durch den enormen Druck die Fusionsreaktionen viel schneller ablaufen. Sie werden zum Teil nur eine Million Jahre alt und ihr Leben endet dramatisch.
Hoppla, Gaststerne!
Im Jahr 1006 staunten chinesische Astronomen nicht schlecht, als sie einen neuen Lichtpunkt am Taghimmel entdeckten. Der »Gaststern « war für einige Wochen zu sehen. 1054 erschien noch so ein »neuer Stern« (lat. nova stellaris) im Sternbild Stier und auch die Astronomen Tycho Brahe und Johannes Kepler entdeckten so etwas 1572 bzw. 1604. 1987 beobachteten Astronomen einen solchen Stern in der Großen Magellanschen Wolke, unserer nahen Nachbargalaxie. Bei all diesen Beobachtungen handelte es sich jedoch nicht um eine Sterngeburt, sondern um das genaue Gegenteil.
Was die Astronomen beobachteten, war der gewaltsame Tod eines Sterns: Die Fusion immer schwererer chemischer Elemente geht nämlich nicht beliebig lange gut, weil ihr irgendwann die Kernphysik einen Strich durch die Rechnung macht. Das Element Eisen (Ordnungszahl 26) ist der am stärksten gebundene Atomkern. Mit anderen Worten: Bei der Fusion von Eisenatomkernen wird keine Energie mehr frei. Die Folge: Die zentrale Hitzequelle und damit der nach außen gerichtete Druck versiegen, die Schwerkraft gewinnt die Oberhand und der Sternkern zieht sich durch den Gravitationskollaps zusammen. Elektronen werden gewissermaßen in die Protonen gepresst, und die Materie wird neutronisiert. Das einstürzende Material verdichtet sich. Wenn die Dichte von Atomkernen erreicht wird, prallt die Materie zurück. Von oben herabrieselndes fällt auf das angestaute Material. Ein Stoßwelle entsteht, die nach außen läuft. Bei der Verdichtung entstehen Myriaden von Neutrinos, die die Explosion »mitanschieben«: Massereiche Sterne von zehn bis hundert Sonnenmassen explodieren in einer sogenannten Supernova und lassen einen Neutronenstern oder sogar ein Schwarzes Loch zurück. Somit ist selbst nach dem Sterntod nicht alles verschwunden – Totgesagte leben hier wirklich länger.
Nur Sterne, die schwerer sind als hundert Sonnen, werden eine Zentraltemperatur von ca. einer Milliarde Grad erreichen. Dabei wandeln sich Lichtteilchen in ein Paarplasma aus Elektronen und Positronen um, die den Stern in einer Paarinstabilitäts-Supernova vollständig zerreißen können. Andreas Müller
Andreas Müller ist Astrophysiker und beantwortet in seiner Kolumne Leserfragen zur Kosmologie. Wenn Sie sich in seiner Rubrik ein bestimmtes Thema wünschen, schreiben Sie an redaktion@abenteuer-astronomie.de
LEBEN UND STERBEN DER STERNE
Die kosmische Dramaturgie
in einer kleinen Trilogie.
DAS LEBEN DER STERNE
Deklination und Rektaszension
bestimmen die Sternposition.
Die Parallaxe indessen
hilft uns beim Entfernung messen.
Mehr Erkenntnisse bringt uns dann
das Hertzsprung-Russel Diagramm.
Der Sterne Aufbau und Wesen
an der Stellung abzulesen.
Wir sehen Sterne blau und rot,
neugeboren, auch kurz vorm Tod;
oder uns’rer Sonne ähnlich,
mittelalt und leuchtend gelblich.
Da gibt es Riesen und Zwerge
verschiedenster Leuchtstärke;
Solisten und Mehrfachsterne,
recht nah und in weiter Ferne.
All dieser Sonnen Profession
ist im Innern die Kernfusion.
Eruption und Protuberanz
sind nur oberflächlicher Tanz.
Sternenheimat sind Galaxien,
die mit ihnen durchs Weltall zieh’n.
Meist von Planeten umgeben,
gibt’s ohne Sterne kein Leben.
Die Sterne sind bis zum Ende
Geburtsort der Elemente.
Nach dem Eisen ist damit Schluss,
von den Sternen ein letzter Gruß.
Für Elemente superschwer
muss eine Supernova her.
Der Mensch, ein Kind der Sterne,
betrachtet’s aus der Ferne.
DAS SCHWARZE LOCH
Ein kosmisches Schwergewicht,
zu keiner Diät bereit;
Sternenstaub das Hauptgericht,
verschmäht wird keine Mahlzeit.
Die Materie superdicht,
stark verbogen die Raumzeit;
dem Monster entkommt kein Licht,
Gefängnis für die Ewigkeit.
Der Ereignishorizont ist Grenze,
dahinter ist einfach Sense.
LEBEN AUS DEN STERNEN
Sind wir im Universum allein,
ist weit draußen nur totes Gestein?
Zahllose Sterne am Himmel steh’n,
zahllose Planeten daneben.
Sollte man nirgendwo Leben seh’n,
zu höchster Komplexität streben?
Von Mikroben könnte es wimmeln
unter herrlichen Exo-Himmeln.
Sterne entstehen und vergehen,
das ist im All Normalgeschehen.
Wir alle kommen von den Sternen,
wo die Elemente geboren.
Kein Atom in des Kosmos Fernen
geht im großen Zyklus verloren.
So werden in allen Galaxien
Lebenskeime ihre Kreise zieh’n.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen