Orionnebel massereicher als angenommen

Schematische Darstellung des mengenmäßig nun deutlich nach oben korrigierten Massenzentrums des Vordergrundhaufens beim Stern iota Ori. [Alves & Bouy/EDP Sciences]

Als Teil des Schwertes des Orion zählt der Emissionsnebel im Wintersternbild Orion zu den möglicherweise bekanntesten Objekten an unserem nächtlichen Himmel. Genauer betrachtet besteht der Nebel aus zwei Einzelobjekten: M 42 im Süden und dem Gasnebel M 43 nördlich davon. Diese beiden Objekte sind letztlich der sichtbare Teil einer ansonsten nicht leuchtenden Wolke, die zu einem großen Molekülwolkenkomplex gehört, der sich über das ganze Sternbild des Orion erstreckt. Verdichtung von Materie macht den Orionnebel zu einem der aktivsten Sternentstehungsgebiete in der galaktischen Nachbarschaft der Sonne. Durch diese Nähe zur Erde (nur etwa 1350Lj, keine bekannte Stern-Geburtsstätte liegt uns näher) ermöglicht er die genaue Beobachtung des Übergangs von diffusem Gas zu Wasserstoff fusionierenden Sternen und stellt quasi das Laboratorium der klassischen Sternentstehungsmodelle dar. In den vergangenen 60 Jahren hat der Emissionsnebel also wesentlich dazu beigetragen, die Entwicklungsgeschichte von Sternen, substellaren Objekten oder Planeten besser zu verstehen.

Bei einem dermaßen dicht untersuchten Kandidaten sollten größere Überraschungen demnach auch nicht mehr zu erwarten sein – sollte man meinen. Allerdings zeigt sich, dass insbesondere ein Sternhaufen im Zentrum des Nebels nicht das ist, was man bisher über ihn zu wissen glaubte. Einer der Haufen besteht im Wesentlichen aus jungen Sternen, deren prominenteste Vertreter vier helle junge Sonnen sind, die als »Trapezsterne« auch dem Amateurbeobachter bestens bekannt sind. Ein zweiter Sternhaufen, der aus unserer Perspektive vor dem Nebel steht und seit den 1960er-Jahren bekannt ist, erweist sich als weitaus massereicher als bisher angenommen. Seine zusätzliche Masse ist nicht gleichförmig verteilt, sondern konzentriert sich um die südliche Schwertspitze des Himmelsjägers, die der Stern ι Ori (iota Orionis) markiert. Die Beobachtung macht zudem auch den extrem komplexen Aufbau der Herzregion des Orionnebels deutlich, denn sie entpuppt sich als eine komplizierte Mischung aus zwei Sternhaufen sowie einigen damit nicht zusammenhängenden Milchstraßen-Sternen. Wie sich allerdings der ältere (der »iota-Orionis-Haufen«) so nahe an den jüngeren Haufen, der sich im Inneren des Orionnebels noch bildet (»Trapezhaufen«) annähern konnte, ist derzeit noch ungeklärt. Mit gängigen Modellen der Sternhaufen-Entstehung ist der aktuelle Befund indes nicht befriedigend zu erklären.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
www.aanda.org/index.php?option=com_article&access=doi&doi=10.1051/0004-6361/201220119&Itemid=129

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