Mit Radiointerferometrie zu einem Bild unserer Milchstraße

Irgendwo zwischen diesen beiden Spiralgalaxien – NGC 1330 und NGC3370 – dürfte die Gestalt unserer eigenen Milchstraße angesiedelt sein: Das große radioastronomische Projekt BeSSeL verspricht endlich eine klare Antwort. [NRAO]
Irgendwo zwischen diesen beiden Spiralgalaxien – NGC 1330 und NGC3370 – dürfte die Gestalt unserer eigenen Milchstraße angesiedelt sein: Das große radioastronomische Projekt BeSSeL verspricht endlich eine klare Antwort. [NRAO]

Trotz aller Bemühungen von Astronomen in vielen Spektralbereichen und manch forscher Pressemitteilung: Wir wissen immer noch nicht annähernd, welche Spiralgestalt eigentlich unsere eigene Milchstraße hat, in deren Scheibe wir so perfekt eingebettet sind. Zwar können wir vor allem dank der Radioastronomie die ganze Struktur überblicken, doch weder der neutrale Wasserstoff noch Molekülwolken, die ihre Arme nachzeichnen, geben ihre Entfernungen preis: Immer muss ein Modell der galaktischen Rotation angenommen werden, um ihnen konkrete Orte in der Scheibe zuzuweisen, und so kommt es, dass mal zwei und mal vier Arme »nachgewiesen« werden und auch die Ausmaße des zentralen Balkens umstritten bleiben.

Besonders glücklich sind Astronomen immer dann, wenn sie Entfernungen direkt messen können, durch die klassische Parallaxe: Während die Erde um die Sonne kreist, verschieben sich Objekte in der Milchstraße ganz leicht gegenüber weiter entfernten. Dem ESA-Satelliten Gaia sollte es bis Ende des Jahrzehnts auf diese Weise gelingen, direkte Entfernungen zu hunderten Millionen Sternen zu bestimmen, da er Positionen am Himmel mikrobogensekundengenau messen können wird: Vor allem die Struktur und Dynamik des Halos der Milchstraße dürften so wesentlich klarer werden. Gegen den Staub in der Milchstraßenscheibe wird freilich auch Gaia machtlos bleiben – doch er wird Hilfe durch die Radioastronomie bekommen. Nicht Sterne selbst, sondern Maser, extrem starke kompakte Radioquellen von Wolken z.B. aus Methylalkohol oder Wasser in der Umgebung entstehender massereicher Sterne, wird im Rahmen eines gewaltigen Projekts ein Netzwerk aus Radioteleskopen anpeilen, namentlich der quer über die USA und darüber hinaus verteilte Very Long Baseline Array.

Fünf Jahre wird das Projekt dauern, 5000 Stunden Messzeit beanspruchen und dabei mehrere hundert Sternentstehungsgebiete unter die Lupe nehmen. Sein Akronym BeSSeL steht dabei für »Bar and Spiral Structure Legacy«, ehrt aber auch den deutschen Astronomen Friedrich Bessel, der 1838 zum ersten Mal eine Sternentfernung per Parallaxe bestimmen konnte. Nicht nur Entfernungen sondern auch Eigenbewegungen der Maser werden erfasst, und am Ende dürfte ein komplett neues Modell vom Aufbau unserer Milchstraße und ihrer Bewegungsmuster stehen.

Daniel Fischer

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