Kleine und große Sonnenkratzer: gibt es ein Muster?

Die zeitliche Abfolge von 18 helleren Kreutz-Kometen in Sonnennähe in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts: Kumulative Kurven für Kometen heller als 3. (oben) und 2. Größe. Sie steigen am schnellsten Ende 2010/Anfang 2011, d.h. damals trafen besonders viele Kometen ein. [Sekanina & Kracht]

Seit vor mehreren Jahrtausenden ein gewaltiger Kometenkern zerbrach, dessen Bahn sehr nahe an die Sonne heran führte, spielt sich im Sonnensystem Erstaunliches ab: Seine Bruchstücke zerfallen allmählich weiter, und ein beständiger Strom sehr kleiner Kerne stürzt in die Sonne, hin und wieder aber auch von großen oder gar gewaltigen Kometen begleitet. Die kleinen, häufigen Vertreter dieser »Kreutz-Kometen« haben die Sonnensatelliten SOHO und STEREO im Blick, die seltenen großen können dagegen zu spektakulären Himmelserscheinungen werden und haben unter den »Großen Kometen« ihren festen Platz. Der Große Komet von 1106 gehört eben so dazu wie der Septemberkomet von 1882 – der mit –17m heller wurde als jeder andere – oder der imposante Ikeya-Seki von 1965. Eine kleine, aber für Beobachter auf der Südhemisphäre immer noch beeindruckende Ausgabe des letzteren wurde Ende 2011 der Komet Lovejoy (C/2011 W3) – dessen Erscheinen ein Schwarm mittelheller Kreutz-Kometen in den Jahren zuvor vorausgegangen war: Das legt erst einmal nahe, dass sie sozusagen Lovejoys konkrete Vorboten waren.

Die Häufung dieser mittelhellen Kreutz-Kometen war beachtlich: Bis Ende 2010 und Anfang 2011 – ein Jahr vor Lovejoys Ankunft – hatte sich ihre jährliche Rate um ein Mehrfaches auf 4,6 Kometen von mindestens 3. (oder 4,3 von mindestens 2.) Größe erhöht, dann ging sie wieder zurück und dürfte 2014 wieder das ursprüngliche Niveau erreichen. Und doch stimmte etwas nicht: All diese kleineren Kometen hatten nämlich ähnliche Bahnen, die der eines Kometen von 1843 entsprachen – aber Lovejoys Bahn lag deutlich anders im Raum, auch wenn seine Kreutz-Natur außer Frage steht. Mithin ist ihm ein Schwarm von Fragmenten eines kurz zuvor zerbrochenen anderen Subkerns des Ursprungskörpers vorausgeeilt, der mit ihm aber direkt gar nichts zu tun hatte: ein kurioser Zufall! Der aber deutlich macht, wie komplex die Struktur der Kreutz-Gruppe mit ihrem »kaskadierenden« Zerfall bereits geworden ist. Dies zeigt auch zugleich an, dass ein für das 21. Jahrhundert vorausberechneter Schwarm besonders großer Kreutz-Kometen tatsächlich im Anflug zu sein scheint: Seine ersten Vertreter waren Lovejoy und ein anderer Kern ähnlicher Größe – nur war letzterer vor seiner Sonnenankunft bereits in den Schwarm der mittelhellen Kometen zerfallen, während Lovejoys Kern bis kurz nach dem Perihel standhielt.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1308.3901
Komet Lovejoy 2011:
www.oculum.de/newsletter/astro/100/50/2/152.xm4sz.asp#1
SOHOs Kometen:
oculum.de/newsletter/astro/100/20/7/127.hn3wy.asp#5

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*