Flog Galileo vor 20½ Jahren durch eine Gaswolke aus dem Jupitermond Europa?

So könnte es am 16. Dezember 1997 gewesen sein: Der damalige Jupiter-Orbiter Galileo flog durch eine Gaswolke, die aus einer Spalte im Mond Europa strömte. So jedenfalls werden jetzt damalige Messdaten interpretiert - hier grafisch umsetzt mit simulierter Sicht von über dem Nordpol aus. [Jia et al.]

Gast der Ozean unter der Eiskruste des Jupitermonds Europa zuweilen in den Weltraum aus, wie es sein kleineres Gegenstück Enceladus im Saturnsystem gerne tut? Bislang gab es für Wasserdampfwolken von Europa nur vage Indizien – aber jetzt sind in über 20 Jahre alten Messdaten des Jupiterorbiters Galileo Hinweise auf direkten Kontakt mit solch einer Wolke gefunden worden. Das erregt Aufsehen, zumal der Mond demnächst wieder Besuch bekommt.

Die kritischen Messungen überspannen nur wenige Minuten am 16. Dezember 1997, als Galileo bis auf weniger als 400 km an die Oberfläche Europas heran kam: Sowohl sein Magnetometer MAG (Grafik unten) wie das Plasma Wave Spectrometer PWS massen kurz vor der größten Annäherung plötzlich rasante Veränderungen. Zwar fluktuierte Jupiters Magnetfeld damals auf der Zeitskala von Minuten, aber die Sprünge um hunderte Nanotesla, die MAG binnen weniger Sekunden maß, waren außergewöhnlich. Relativ zu Europa war Galileo 6 km/ schnell, die ungewöhnliche Raumregion mithin etwa 1000 km groß: Das passt zu den vagen Hubble-Beobachtungen von Wasserdampfwolken über der Oberfläche. Und zu genau der Zeit, als das Magnetfeld in allen drei Komponenten Sprünge vollführte, registrierte das PWS eine erhöhte Plasmadichte, die ebenfalls am besten durch eine isolierte Gaswolke zu erklären ist. Das Gesamtbild der Messungen lässt sich recht gut modellieren: Vor der Dampfwolke – übrigens ganz in der Nähe einer der Regionen, wo Hubble Aktivität wähnte – staut sich Jupiters Magnetfeld gewissermaßen auf.

Ein Indiz für den Flug Galileos mitten durch eine Gaswolke Europa: Der gemessene Betrag des Magnetfels (schwarz) gegen die Zeit, rot mit und grün ohne die Gasblase modellliert, deren Notwendigkeit sich klar erschließt. Blau markiert die drei Minuten ungewöhnlicher Daten, gefolgt von „CA“, der größten Annäherung Galileos an die Oberfläche Europas. [Jia et al.]
Diese späten Erkenntnisse aus einer lange vergangenen Mission – Galileo wurde umweltschutzhalber 2003 im Jupiter versenkt – sind heute interessanter denn je: Im kommenden Jahrzehnt werden voraussichtlich zwei oder sogar drei aufwändige Missionen ins Jupitersystem aufbrechen, die Europa noch näher auf den Zahn fühlen sollen. Für JUICE der ESA ist der Mond nur ein Nebenschauplatz, aber immerhin zwei 400-km-Passagen sind geplant. Ganz anders beim Europa Clipper der NASA, dessen Finanzierung inzwischen ebenfalls gesichert scheint: Er wird sich etwa 40-mal auf sogar weniger als 400 km an den Mond heran machen, was weitere Flüge durch Ausgasungen des Ozeans ziemlich wahrscheinlich macht. Ohne durch das dicke Eis des Mondes bohren zu müssen, würde der Ozean dann für die Sonden-Instrumente greifbar. Und seit Kurzem sieht es auch so aus, dass die NASA zusätzlich eine Landung auf Europa versuchen will, jedenfalls wird formell um Experiment-Vorschläge gebeten. Die Neu-Interpretation der Galileo-Daten spricht für Kontakt des Ozeans mit der Außenwelt: Solch ein Lander darf mit mehr Spuren aus dem Inneren Europas rechnen als noch vor kurzem erhofft.

LINKS:

Originalarbeit: https://www.nature.com/articles/s41550-018-0450-z
Univ. of Michigan Release: https://news.umich.edu/europas-plumes-new-evidence-from-an-old-mission
Status eines Europa-Landers: https://arstechnica.com/science/2018/05/nasa-asks-for-europa-lander-science-experiments-and-thats-a-big-deal

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