UGC 1382 – ein neuer Fall einer ultralichtschwachen Riesen-Galaxie

In der Galaxie UGC 1382 steckt viel mehr als das linke Bild der optischen Himmelsdurchmusterung SDSS verrät: Die vermeintliche kleine elliptische Galaxie zeigt nämlich große Spiralarme, wenn man UV-Bilder des Satelliten GALEX und tiefe SDSS-Daten dazu mischt (Mitte). Und zusammen mit Wasserstoffgas aus Radiomessungen des Very Large Array (rechts in grün addiert) entpuppt sich UGC 1382 als eine der größten isolierten Galaxien überhaupt. [NASA/JPL/Caltech/SDSS/NRAO]

Nicht jede Galaxie verrät auf den ersten Blick ihre wahre Natur: Die vermeintlich kleine elliptische Galaxie UGC 1382 hat sich bei genauem Hinsehen in mehreren Wellenlängen als Vertreter der exotischen Giant Low Surface Brightness (GLSB) Galaxies entpuppt, gewaltigen Spiralgalaxien mit extrem geringer Flächenhelligkeit, von denen nur ein Dutzend bekannt ist – tatsächlich ist UGC 1382 sogar eines der größten isolierten Sternsysteme, das man überhaupt kennt, und das einzige, das dem Prototypen der GLSB-Galaxien ebenbürtig ist.

Bis vor genau 30 Jahren hatten die Astronomen nicht einmal gewusst, dass es Riesengalaxien mit so geringer Flächenhelligkeit überhaupt gibt: Auf den damals noch üblichen Fotoplatten hinterließen sich schlicht keine nennenswerten Spuren. Die wissenschaftliche Arbeit über die Entdeckung des ersten Exemplars „Malin 1“ ist ein Kuriosum, scheinen doch an etlichen Stellen die Emotionen der Beobachter durch, ihre „kollektive Überraschung“ über den Fund ebenso wie schiere „Verzweiflung“, wenn es mit seiner Erforschung nicht weiter ging – solch ein Stil war im späten 20. Jahrhundert nicht mehr üblich. Malin 1 hatte es aber auch in sich: gut eine halbe Million Lichtjahre Durchmesser oder fünfmal so groß wie die Milchstraße – und gleichzeitig Spiralarme von extrem geringer Helligkeit und Sterndichte. UGC 1382 kann da mithalten, wie sich nun gezeigt hat: Ihre schwach glimmende Scheibe ist genau so groß wie bei Malin 1, und die Wasserstoffscheibe, in die sie eingebettet ist, misst sogar über 700000 Lichtjahre. Leicht zu sehen ist von all dem aber nur ein helles linsenförmiges Zentralsystem mit gerade einmal 40000 Lichtjahren Durchmesser: Die äußere Sternscheibe und die eingebetteten Spiralarme haben überhaupt erst sehr tiefe optische Aufnahmen und Ultraviolett-Bilder des NASA-Satelliten GALEX sichtbar gemacht, und ihre Flächenhelligkeit ist ebenfalls mit der von Malin 1 vergleichbar.

Solch ein Aufbau mit einem hellen Zentrum und einer ebenso ausgedehnten wie lichtschwachen Scheibe drum herum ist typisch für diese außergewöhlichen LSB-Galaxien – aber wie kann so ein System entstehen? Ein „definitives Szenario gibt es nicht“, betonen die Entdecker von UGC 1382s wahrer Natur. Auffällig ist, dass es weit und breit keine andere Galaxie gibt, die UGC 1382 durch ihre Schwerkraft gestört haben könnte: Eine so ruhige Umgebung ist offenbar erforderlich, damit die riesige finstere Scheibe von LSB-Galaxien bestehen kann, die zudem noch ein gewaltiger Halo aus Dunkler Materie – hier mit einer Masse von 2 Billionen Sonnen – umgibt. Der Vergleich von Spektren zeigt, dass die finstere große Scheibe von UGC 1382 aus 4 Milliarden Jahre älteren Sternen als das helle Zentrum besteht, und die Sternentstehung in den schwachen Spiralarmen ist besonders langsam. Zusammen schließen diese Eigenschaften der Galaxie alle in den letzten 30 Jahren vorgeschlagenen Entstehungswege für LSB-Galaxien mehr oder weniger eindeutig aus – bis auf genau einen. In diesem schon vor zehn Jahren durchgerechneten Bild hat die zentrale helle Galaxie eine oder mehrere ältere gasreiche Zwerggalaxien verschluckt, aus deren wenigen mitgebrachten Sternen und Gas sich dann die schwachen Außenscheibe bildete. Sicher ist auch dieses Szenario nicht, aber zumindest gibt es „keinen starken Widerspruch“ zu den Beobachtungen, wie sich die Astronomen ganz vorsichtig ausdrücken.

Daniel Fischer

LINKS:
Originalarbeit: http://arxiv.org/abs/1607.02147
JPL Release: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=6566
Entdeckung von Malin 1: http://adsabs.harvard.edu/abs/1987AJ…..94…23B

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