Der Himmel über Berlin: nachts gemessen

Die Helligkeit des Nachthimmels über der alten Potsdamer Sternwarte in Babelsberg im Jahre 2012, permanent mit einem SQM-L gemessen: Die Farbe codiert, wie häufig ein entsprechender Wert zur entsprechenden Zeit auftrat. [J. Puschnig, Sonderversion für interstellarum angefertigt]

Über das Problem der Lichtverschmutzung wird inzwischen viel geforscht, aber quantitative Messreihen beschränkten sich bislang meist auf die dunkelsten – und für wichtige Sternwarten interessantesten – Regionen. Längst sind aber nicht nur Astronomen sondern auch Biologen und Mediziner am nächtlichen Gang der Himmelhelligkeit, auch und gerade im urbanen Raum, interessiert: Wie unterscheidet er sich bei klarem und bewölktem Himmel, macht sich der Mond überhaupt noch bemerkbar und gibt es Trends im Laufe einer Nacht? Im Rahmen des groß angelegten Forschungsprogramms »Verlust der Nacht« ist nun schon zweieinhalb Jahre lang die Zenithelligkeit über Potsdam automatisch erfasst worden, und auch aus Wien sowie einer 35km von der Stadt entfernt gelegenen Sternwarte liegen entsprechende Messreihen vor. Dazu wurde das bekannte Sky Quality Meter in der Version mit 20° Gesichtsfeld (SQM-L) fest senkrecht montiert, so dass kein direktes künstliches Licht auf den Sensor fällt, und automatisch ausgelesen.

Selbst in den klarsten Nächten sorgt das 22km entfernte Berlin dafür, dass in Potsdam permanente nautische Dämmerung herrscht: Der Wert sinkt praktisch nie unter jene 20m/□“, die dem Beginn der astronomischen Dämmerung (Sonne mehr als 12° unter dem Horizont) entsprechen. Eine Häufung zwischen noch viel höheren SQM-Werten von 17 und 18 kommt durch bewölkte Nächte zustande, in denen Berlin die Wolken beleuchtete, die Häufung um 20 sind klare und mondlose Nächte: ein Unterschied von einem Faktor 15. Generell erweisen sich wolkige Nächte mit SQM-Werten von bis zu 16,5 als im gleichen Verhältnis heller als klare Vollmondnächte (18,5) und diese wiederum heller als klare mondlose Nächte (20). Eine klare mondlose Nacht ohne Lichtverschmutzung, von denen die Potsdamer natürlich nur träumen können, wäre mit 22 wiederum um einen ähnlichen Faktor dunkler. Aus den Messungen lässt sich auch schließen, dass sich die Mondphasen – bei klarem Himmel – in Potsdam noch schwach bemerkbar machen, was mitten in Wien nicht mehr der Fall ist. Dafür wird dort der Himmel im Lauf der Nacht immerhin spürbar dunkler, weil viel überflüssiges Licht ausgeschaltet wird: In Potsdam ist dieser Effekt nur halb so groß.

Daniel Fischer

Veröffentlichung zu Potsdam:
arxiv.org/abs/1307.2038
Verlust der Nacht:
www.verlustdernacht.de
Veröffentlichung zu Wien:
arxiv.org/abs/1304.7716

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