Der erste Planet, der um zwei Sonnen kreist

Das Kepler-16-System im richtigen Maßstab, wobei aber die Himmelskörper – auch Sonne, Jupiter und Saturn unten zum Vergleich – gegenüber ihren Orbits 20-fach vergrößert dargestellt sind. Die Kreisförmigkeit der Planetenbahn und die Exzentrizität des Orbits der Sterne umeinander (um den gemeinsamen Schwerpunkt »+«) sind direkt zu erkennen. [Doyle et al.]

Natürlich nennt ihn jeder Tatooine, nach der Heimatwelt von Luke Skywalker aus dem Star-Wars-Universum, und nicht Kepler-16(AB)-b, wie er ganz korrekt heißt: den ersten Exoplaneten, der eindeutig auf einer stabilen Bahn um einen Doppelstern kreist und an dessen Himmel daher zwei Sonnen dicht nebeneinander scheinen. Als solcher ist der Planet unter den knapp 700 inzwischen bekannten Planeten anderer Sterne nicht weiter interessant: etwa Saturns Masse, dichter zwar als dieser Planet aber sicherlich ein Gasball, und zu kalt für flüssiges Wasser. Aber die Konstellation ist bemerkenswert: Wir – d.h. der Photometrie-Satellit Kepler – schauen so präzise von der Seite auf das System, dass nicht nur gegenseitige Bedeckungen der Sterne beobachtet werden, sondern auch Vorübergänge des Planeten vor beiden. Zugleich stört die Anwesenheit des Planeten die Bahn der Sterne umeinander etwas, woraus sich wiederum die Masse des Planeten – eindeutig weniger als Jupiter – abschätzen lässt: Zusammen mit dem geringen Lichtabfall während seiner Vorübergänge vor den Sternen beweist dies eindeutige seine Natur als »Zirkumbinär-Planet«. Und das ganze System ist durch die gegenseitigen Bedeckungen und Transits außergewöhnlich gut beschrieben.

Die beiden Sterne haben 20% und 69% der Sonnenmasse und 23% bzw. 65% des Sonnendurchmessers sowie einen exzentrischen Orbit von 41 Tagen um den gemeinsamen Schwerpunkt, während beide von dem Planeten mit 1/3 Jupitermasse und 3/4 Jupiterdurchmesser alle 229 Tage auf einer beinahe kreisförmigen Bahn umrundet werden. Die physischen Parameter von Zwergsternen wurden übrigens noch nie so präzise bestimmt wie in diesem Fall, der damit die Stellar- wie Planetentheoretiker gleichermaßen fasziniert. Da die Sternbahnebene und die Umlaufebene des Planeten so exakt auf einander abgestimmt sind und überdies die Rotationsachse von Kepler-16A senkrecht darauf steht, liegt eine gemeinsame Entstehung aus derselben Gas- und Staubscheibe nahe, auch wenn ein Einfang des Planeten und eine spätere Zirkularisierung seiner Bahn nicht ganz ausgeschlossen sind. Und das System ist stabil, wie eine numerische Integration in die Zukunft demonstriert hat: Die Bahnparameter schwanken kaum. Eine wohnliche Welt ist Kepler-16(AB)-b allerdings nicht: Seine Temperatur schwankt während des Orbits der beiden Sterne umeinander um 30° und liegt nie über –70°C. Vage Hinweise auf zirkumbinäre Planeten gab es schon ein paar, aber dies ist der erste Fall, bei dem Transits keine Zweifel mehr lassen. Und unter den vielen neuen Kepler-Kandidaten extrasolarer Planetensysteme scheint es mindestens drei wenn nicht ein Dutzend weitere solche Systeme mehr zu geben.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1109.3432
Illustrationen:
kepler.nasa.gov/news/nasakeplernews/index.cfm?FuseAction=ShowNews&NewsID=152
Weitere Arbeit zu Kepler-16:
arxiv.org/abs/1109.3198

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