Der erste Braune Zwerg der »Klasse Y«?

Auffälliger geht’s kaum: Mit nur 350°C Oberflächentemperatur ist der Braune Zwerg CFBDS J005910.83-011401.3 extrem rot und fällt zwischen fernen Galaxien und Sternen unserer Milchstraße sofort auf. [Canada-France-Brown-Dwarf-Survey 2008] [Universität Warschau]
Auffälliger geht’s kaum: Mit nur 350°C Oberflächentemperatur ist der Braune Zwerg CFBDS J005910.83-011401.3 extrem rot und fällt zwischen fernen Galaxien und Sternen unserer Milchstraße sofort auf. [Canada-France-Brown-Dwarf-Survey 2008] [Universität Warschau]
CFBDS J005910.83-011401.3 oder »einfach« CFBDS0059 heißt der derzeit kühlste bekannteste Braune Zwerg, der mit 620±50 K oder 300°C bis 400°C rund 50° unter dem letzten Rekordhalter liegt. Von der Erde ist er rund 40 Lichtjahre entfernt, einige Milliarden Jahre alt und zwischen 15 und 30 Jupitermassen schwer: So viel lässt sich aus dem Vergleich mit anderen sehr kühlen stellaren Objekten und Modellrechnungen schließen. Die Entdeckung war bei einer aufwändigen Himmelsdurchmusterung mit dem Canada-France-Hawaii-Teleskop auf dem Mauna Kea geglückt, der Canada France Brown Dwarf Survey, die mit einer elektronischen Großfeldkamera (MegaCam) nach extrem roten Lichtpunkten sucht: Das können übrigens sowohl besonders kühle Braune Zwerge als auch ferne Quasare sein. Die kühlsten Braunen Zwerge wurden bisher alle dem (erst vor wenigen Jahren eingeführten) Spektraltyp T zugeordnet: Bei 1,6 und 2,2 μm zeigen ihre Spektren dieser »Methanzwerge« starke Absorption durch dieses Molekül, bei Temperaturen von 1500 bis mindestens 700 Kelvin.

Bei noch geringerer Obenflächentemperatur verändert sich das Spektrum erneut, etwa durch das zunehmende Auftreten von Ammoniakbanden – und es wird demjenigen von gasförmigen Riesenplaneten immer ähnlicher. Auch wenn Braune Zwerge und Riesenplaneten unterschiedlich entstanden sein dürften, aus zirkumstellaren Scheiben bzw. direkt aus Molekülwolken, so sind doch Chemie und Physik dieser Körper recht nahe verwandt: Was man bei Braunen Zwergen versteht, kann auch bei Exoplaneten nützlich sein. Nun stellt sich die Frage: Gehören CFBD0059 und auch der vorher kühlste Braune Zwerg ULAS0034 gerade noch zur Spektralklasse T (haben also den Typ T9), oder sind sie vielmehr die ersten Vertreter der postulierten Klasse Y (mit Typ Y0)? Das wird sich erst entscheiden lassen, wenn Himmelsdurchmusterungen weitere Braune Zwerge in diesem Übergangsbereich aufgespürt haben und sich die spektralen Trends mit der Temperatur eindeutiger charakterisieren lassen. Die exakte Zuordnung eines stellaren Körpers zu einem genauen Spektraltyp ist nämlich auch heute noch genau so eine gewisse Kunst, wie schon vor hundert Jahren.

Daniel Fischer

Das Original-Paper: arxiv.org/abs/0802.4387
Eine Pressemitteilung des CFHT: http://www.cfht.hawaii.edu/News/ColdestBD

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