Das tiefste Bild des Universums

Das tiefste Bild des Universums, das jemals aufgenommen wurde: das Hubble Ultra Deep Field Ende August 2009 mit der neuen Kamera WFC3 des HST im nahen Infrarot, insgesamt 48 Stunden lang. Die Farben R, G und B entsprechen 1,6μm, 1,3μm und 1,1μm Wellenlänge; die schwächsten gerade noch nachweisbaren Galaxien - in Ausschnitten links markiert - haben Rotverschiebungen um 8, d.h. ihr Licht war 13 Milliarden Jahre unterwegs zu uns. [NASA, ESA, G. Illingworth (UCO/Lick Observatory and University of California, Santa Cruz) and the HUDF09 Team]
Das tiefste Bild des Universums, das jemals aufgenommen wurde: das Hubble Ultra Deep Field Ende August 2009 mit der neuen Kamera WFC3 des HST im nahen Infrarot, insgesamt 48 Stunden lang. Die Farben R, G und B entsprechen 1,6μm, 1,3μm und 1,1μm Wellenlänge; die schwächsten gerade noch nachweisbaren Galaxien – in Ausschnitten links markiert – haben Rotverschiebungen um 8, d.h. ihr Licht war 13 Milliarden Jahre unterwegs zu uns. [NASA, ESA, G. Illingworth (UCO/Lick Observatory and University of California, Santa Cruz) and the HUDF09 Team]

Wieder etwas näher an den Beginn der Galaxienevolution heran ist das Hubble Space Telescope mit seiner neu installierten Wide Field Camera 3 gekommen, die letzten Sommer intensiv jenes Hubble Ultra Deep Field anstarrte, das schon 2004 mit früheren Instrumenten des Weltraumteleskops besonders tief aufgenommen worden war. Diesmal durfte Hubble seine neu gewonnene hohe Empfindlichkeit in nahen Infraroten ausspielen, wo WFC3 40 Mal leistungsfähiger als die alte IR-Kamera NICMOS ist: In vier Tagen schafften die modernen Infrarotsensoren, was früher ein halbes Jahr gedauert hätte.

Nicht weniger als 15 wissenschaftliche Arbeiten von fünf unabhängigen Teams sind bereits über das »HUDF09« verfasst worden, und es besteht ein breiter Konsens, dass es tatsächlich tiefer in den Raum hinein reicht als alle anderen langbelichteten Bilder dieses oder anderer Teleskope. Mehrere Galaxien mit Rotverschiebungen von z = 7 bis 8,5, d.h. Lichtlaufzeiten von 12,9 bis 13,1 Milliarden Jahren, gelten als eindeutig identifiziert (vgl. Abb.): Nicht durch detaillierte Spektren, für die sie viel zu schwach sind, sondern durch Helligkeitsvergleich in mehreren Infrarot-Bändern, heute eine etablierte Ersatztechnik für die z-Bestimmung. Damit ist der bisherige Entfernungsrekord für ein individuelles Himmelsobjekt, die z~8,2 eines Gamma Ray Bursts, offenbar gebrochen. Die Galaxien mit Rekord-Rotverschiebung sind allesamt wesentlich kompakter als heutige, mit typischerweise 1/20 des Durchmessers und 1% der Masse der Milchstraße, und damit klar als deren künftige Bausteine zu erkennen. Auch erscheinen sie (wenn man die gewaltigen Rotverschiebungen herauskorrigiert) besonders blau, was auf ein starkes Defizit an schweren Elementen und so gut wie keinen – rötenden – Staub hinweist.

Ihre Chemie ist schon fast das, was man bei den allerersten Galaxien des Kosmos überhaupt erwarten würde, die etwa 500 Mio. Jahre nach dem Urknall entstanden sein dürften (z=7-8,5 entspricht 600 bis 780 Mio. Jahren nach dem Urknall): Die Erwartungen sind nun hoch, dass das große James Webb Space Telescope ab 2014 auch dieser ersten Generation habhaft werden kann. Noch immer ist nicht klar, ob die Strahlung der im HUDF09 entdeckten Galaxienpopulation bereits ausreicht, um die Reionisation des Kosmos in der Ära 400 bis 900 Mio. Jahre nach dem Urknall zu erklären: Vielleicht waren dafür eine intensivere Phase der Sternentstehung zu noch früherer Zeit oder andere Lichtquellen nötig. Und noch ist auch nicht klar, wie tief das HUDF09 tatsächlich in den Raum schaut: Zwei der Auswerte-Teams glauben darin Kandidaten für Galaxien mit Rotverschiebungen um 10 – das wären 480 Mio. Jahre nach dem Urknall – zu sehen, wobei sie allerdings jeweils Zweifel an den Objekten der anderen hegen. Daher wurde vor einer großen HUDF09-Präsentation Anfang 2010 vereinbart, erst einmal »nur« die unumstrittenen Galaxien bis z=8,5 zu feiern.

Daniel Fischer

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