Ausbruch von Holmes: neue Analyse

Zweieinhalb Jahre nach dem gewaltigen Ausbruch des Kometen 19P/Holmes um 15 Größenklassen, der die astronomische Fachwelt zunächst in eine Art Schockstarre versetzt hatte, erscheinen zwar in wachsender Zahl Analysen über die Vorgänge vom Oktober 2007, aber sie widersprechen sich oft wechselseitig, und ein klares Bild ist weiter nicht ersichtlich. Vielleicht helfen da die umfangreichen Beobachtungen mit einem einzelnen »Teleskop«, das eigentlich für etwas ganz anderes konstruiert wurde, aber den Ausbruch von Anfang an verfolgen konnte: Es handelt sich um SuperWASP-North auf der Kanareninsel La Palma, bestehend aus acht 200-mm-Teleobjektiven, die jeweils ein 7,8° × 7,8° großes Himmelsfeld überwachen, auf der Suche nach neuen Exoplaneten im Transit vor ihren Sternen. Durch Zufall erfasste nun eine dieser Kameras den Kometen, zunächst unsichtbar, da mehrere Magnituden schwächer als die Grenzgröße von 15m. Doch auf 84 Aufnahmen der Ausbruchsnacht ist Holmes zu sehen, zunächst noch schwach, bald viel zu hell (s. Abb.). Die konstanten Aufnahmebedingungen haben nun eine detaillierte Analyse der rasant expandierenden Koma ermöglicht: Alles spricht für eine einmalige, explosionsartige Freisetzung des Staubes wie auch des später nachgewiesenen Gases irgendwann in den ersten zwei Dritteln (UTC) des 23. Oktobers.

So verfolgte das Kamerasystem SuperWASP-N den Ausbruch des Kometen 19P/Holmes von der Nacht des 23. Oktober bis Mitte November: Jedes Bild hat 1° Gesichtsfeld und wurde 30 Sekunden lang belichtet – was in den ersten Nächten zu gewaltigen Überstrahlungen führte. Die eingezeichneten Vektoren zeigen nach Norden, Osten, zur Sonne und entgegen der Kometenbewegung (–v). [Hsieh et al.]
So verfolgte das Kamerasystem SuperWASP-N den Ausbruch des Kometen 19P/Holmes von der Nacht des 23. Oktober bis Mitte November: Jedes Bild hat 1° Gesichtsfeld und wurde 30 Sekunden lang belichtet – was in den ersten Nächten zu gewaltigen Überstrahlungen führte. Die eingezeichneten Vektoren zeigen nach Norden, Osten, zur Sonne und entgegen der Kometenbewegung (–v). [Hsieh et al.]
Die ausgestoßenen Staubteilchen zerfielen dann rasch in kleinere Partikel, was ihre reflektierende Oberfläche erheblich vergrößerte: Die Komahelligkeit stieg gewaltig an. Unnötig ist hingegen die Annahme, dass erst ein größeres Stück Kern im Ganzen abbrach und dann zerfiel, und auch eine länger anhaltende Kernaktivität passt nicht zur Koma-Entwicklung. Doch zur Aufklärung des eigentlichen Mechanismus, der Staub und Gas aus dem Kern schleuderte, tragen auch die SuperWASP-Bilder nicht bei. Vielleicht liefert nun der Komet P/2010 H2 (Vales) neue Antworten, der gegenwärtig das Holmes-Szenario bis fast ins Detail nachvollzieht, wenn auch in viel kleinerem Maßstab. Insbesondere die expandierende und allmählich länglicher werdende Staubkoma erinnert verblüffend an Holmes, und auch bei Vales hat es vermutlich nur einen einzigen abrupten Ausbruch gegeben, der die Koma produzierte. Dafür spricht inbesondere ein Muster dreier spiralförmiger Jets in der Koma, das starr expandiert: Offenbar wurde der Staub nicht über längere Zeit frei gesetzt, sonst würden sich diese Spiralen mit der Zeit drehen. Stattdessen strebt der Staub radial nach außen. Aus der Gestalt der Spiralen dürfte sich einiges über die Mechanik des Ausbruchs lernen lassen, doch dazu muss erst noch ihre Lage im Raum verstanden werden. Auch sorgt der Strahlungsdruck der Sonne im Laufe der Zeit für eine Verformung – aber die entscheidenen Daten sind erfasst.

Daniel Fischer

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