Aus eins mach vier: Supernova hinter Gravitationslinse

Zoom auf die Supernova iPTF16geu mit verschiedenen Teleskopen: Die Sternexplosion des Typs Ia erscheint in Gestalt von vier Bildern rund um eine bläulich schimmernde Galaxie im Vordergrund, deren Schwerkraft den Lichtweg aufgespalten und die Bilder heller gemacht hat. [ESA/Hubble, NASA, Sloan Digital Sky Survey, Palomar Observatory/California Institute of Technology]

Zum ersten Mal ist eines Supernova des Typs Ia als Opfer einer kosmischen Gravitationslinse beobachtet worden: Der eine Lichtpunkt wird zu vieren, alle viel heller als die Sternexplosion sonst erschiene, denn die Schwerkraft einer anderen Galaxie im Vordergrund lenkt ihr Licht auf mehreren verschiedenen Wegen zum Beobachter und fokussiert es dabei auch. Diese Wege sind unterschiedlich lang, die Lichtkurve der Supernova wird mithin viermal zeitversetzt abgespielt: Damit ist eine Menge Kosmologie möglich.

Schauplatz der Supernova ist eine ferne und völlig unscheinbare Galaxie mit einer Rotverschiebung von 0,409, d.h. ihr Licht ist 4,4 Milliarden Jahre unterwegs – und wäre so schwach, dass es praktisch unbeobachtbar geblieben wäre. Fast genau in der Sichtlinie befindet sich indes bei der halben Rotverschiebung eine andere Galaxie, die als kosmische Linse wirkt: Sie verstärkt das Licht um das etwa 52-fache und spaltet zudem das eine Bild in vier kreuzförmig angeordnete auf (Abb.). So etwas wurde schon einmal bei einer Supernova beobachtet, doch nun betrifft es zum ersten Mal eine Sternexplosion des Typs Ia: Hier kollabiert nicht ein massereicher Stern, sondern ein Weißer Zwerg wird durch Massenzugabe eines Begleiters über die Stabilitätsgrenze getrieben. Und explodiert dabei mit einer nahezu konstanten Helligkeit, was – mit ein paar gut verstandenen Korrekturen – die kosmische „Standardkerze“ schlechthin schafft. Für die moderne Kosmologie und insbesondere die Entdeckung der Dunklen Energie waren und sind diese intensiven Lichtquellen gleicher Helligkeit das Entfernungsmaß schlechthin.

Solch eine Ia-Supernova als Teil einer Gravitationslinse, die immerhin mehrere Milliarden Lichtjahre des Universums überspannt, bietet nun ganz neue Möglichkeiten zu dessen Vermessung. Der Fall iPTF16geu (eine Entdeckung der Palomar Tranient Factory, einer Himmelsüberwachung mit dem alten 1,2-m-Schmidt-Teleskop der Sternwarte) ist geradezu ein Volltreffer: Die vier Bilder verteilen sich so symmetrisch um die linsende Galaxie, dass diese praktisch exakt in der Sichtlinie stehen muss. Ganz verschiedene Untersuchungen sind dadurch möglich, von der Analyse der Massenverteilung in der linsenden Galaxie auf einer Skala von wenigen tausend Lichtjahren über die Expansionsgeschwindigkeit des Kosmos – eine sehr direkte Messung der Hubblekonstanten sollte möglich sein – bis zur Überprüfung von Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zur Geometrie des Raumes. Entscheidend ist dabei, dass die absolute Helligkeit der Supernova dank ihrer Ia-Natur bekannt ist, die Lichtverstärkung in ihren Bildern also direkt abgelesen werden kann – und die definiert die Eigenschaften der Linse insgesamt mit einem Schlag.

LINK:

Hubble Release mit Originalarbeit: https://www.spacetelescope.org/news/heic1710

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