Seit den allerersten Anfängen des Teleskopbaus war es wichtig, über Okulare zu verfügen, die ein möglichst farbreines Bild mit einem großen Gesichtsfeld verbanden. Leider war dieser Wunsch bei den ältesten Okulartypen, z.B. den Huygens- oder Kellner-Okularen, auch nicht annähernd erfüllt. Der in Wien geborene österreichische Optiker Simon Plößl lernte unter anderem bei Johann Christian Voigtländer, dem Großvater des späteren Gründers der gleichnamigen Firma. Er machte sich früh einen Namen durch äußerst sorgfältig geschliffene Linsen, die in Teleskopen und Mikroskopen zum Einsatz kamen. Gegen 1840 entwickelte Simon Plößl einen grundsätzlich neuen und bald nach ihm benannten Okulartyp. Hier sind vier Linsen in einer ganz speziellen Konstruktion zusammengefasst.
Durch die Kombination von Kron- und Flintglas erreichte er eine gute Farbreinheit wie beim achromatischen Objektiv. Und durch die Kombination zweier solcher Linsensysteme gelang es ihm, ein deutlich größeres Bildfeld und Einblickverhalten zu erreichen, als es bisher mit den herkömmlichen Teleskop- oder Mikroskopokularen möglich war.
Die Qualität dieser Entwicklung zeigt sich am einfachsten darin, dass dieser Okulartyp bis heute verbreitet und zahlreich im Einsatz ist. Fast jedes neue Teleskop kommt in seiner Grundausstattung mit ein oder zwei Plössl-Okularen, die für die ersten Beobachtungen (wenn es sich nicht gerade um die bei den sogenannten Kaufhausteleskopen mitgelieferte Billigstware handelt) sehr gut geeignet sind.
Während Fraunhofer sich bei der Berechnung der Linsen für seine achromatischen Objektive nach dem damaligen Standardwerk »Analytische Dioptrik« von Klügel richtete, verwendete Plößl vorzugsweise die theoretischen Grundlagen seines früheren Kollegen Littrow (der den astronomischen Klassiker »Die Wunder des Himmels« veröffentlicht hatte).
Zur Sicherstellung der Qualität seiner Linsen wendete Plößl die Probeglasmethode an. Hierbei kommt eine in allerhöchster Qualität geschliffene Linse mit umgekehrtem Radius zum Einsatz. Wird die neue Linse auf dieses Probeglas gelegt, so darf sich zwischen dem Probeglas und der Linse an keiner Stelle ein Luftspalt ausbilden, weil sich sonst später dadurch Newtonsche Farbringe ausbilden würden.
Verglichen mit der Leistungsfähigkeit heutiger Spitzenokulare haben die Plössl-Okulare ein mit 45° bis 50° nicht allzu großes Blickfeld und bei kurzen Brennweiten auch nur einen sehr geringen Betrachtungsabstand. Durch den Einsatz einer zusätzlichen Linse (und Veränderungen an den übrigen Linsen) lässt sich ein Blickfeld von 52° erreichen. Diese Okulare werden üblicherweise als Super-Plössl-Okulare bezeichnet.
Auch beim Erfle-Okular (das vor 100 Jahren von dem Optiker Heinrich Erfle entwickelt wurde) handelt es sich um eine Erweiterung eines Plössl-Okulars um eine weitere Linse. Mit diesen Okularen konnte man ein Blickfeld von 68° erreichen und es handelte sich damit um die ersten Weitfeld-Okulare. Erfle-Okulare sind genau wie ihre Vorgänger auch heute noch in weit verbreitetem Einsatz.
Plössl und Super-Plössl Okulare bei Astroshop
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