YORP: Wie die Sonne Asteroiden immer schneller rotieren lässt

Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Paddack-Effekt oder einfach YORP-Effekt: So

Rotierende Asteroiden
Rotierende Asteroiden

nennt man die Änderung der Rotationsachse- und -rate eines irregulär geformten Kleinkörpers im Sonnensystem infolge der Sonnenein- unnd Wärmeabstrahlung, der bis eben noch reine Theorie war, nun aber bei gleich zwei Asteroiden nachgewiesen wurde. Zugrunde liegt der Yarkovsky-Effekt, der erstmals 2003 an (6489) Golevka gemessen werden konnte: Ein felsiger Körper wird von der Sonne aufgeheizt und strahlt die Wärme auch wieder ab – aber weil er rotiert, in eine etwas andere Raumrichtung. Das ergibt durch den Strahlungsdruck einen kleinen Impuls, der langfristig seine Bahn um die Sonne verändert. Der Transport von Meteoriten aus dem Asteroiden-Hauptgürtel Richtung Erde wird z.B. massgeblich dem Yarkovsky-Effekt zugeschrieben (Skyweek 17 #16 [2001] 21), der von vielen Faktoren wie Masse, Oberflächenbeschaffenheit, und Rotationsverhalten des Himmelskörpers abhängt und besonders stark bei Meter-großen Körpern wirkt.

Bei den beiden erdnahen Asteroiden Nr. 54 509 (vormals 2000 PH5, noch namenlos; Animation anhand von Radarbildern oben) und (1862) Apollo gelang nun auch der klare Nachweis des YORP-Effekts: Bei ihm kommt die irreguläre Gestalt des rotierenden Körpers zum Tragen, die über asymmetrische Reflektion und thermische Reemission des Sonnenlichts zu einem Drehmoment führt. Der nur 114 m große; PH5 rotiert bereits jetzt einmal in 12,2 Minuten, und von 2001 bis 2004 ist die Periode jedes Jahr um eine Millisekunde kürzer geworden. In 550 000 Jahren wird sie sich halbiert haben und in 14 Mio. Jahren auf 20 Sekunden geschrumpft sein. Die Bahn des Asteroiden um die Sonne ist noch 35 Mio. Jahre stabil, aber ob das auch für PH5 selbst gilt? Vielleicht hat ihn seine heftige Rotation dahin längst zerrissen oder zumindest eine andere Gestalt annehmen lassen.

Ein Asteroid mit zwei Monden
Das ist (45) Eugenia, wie erst jetzt genau analysierte Beobachtungen mit dem Very Large Telescope und der NACO-Kamera mit Adaptiver Optik vom Februar 2004 zeigen (IAUC # 8817 vom 7.3.2007): Der neue Satellit S/2004 (45) 1 hat 1/8 der Helligkeit des Asteroiden und einen geschätzten Durchmesser von 6 km, aber noch keinen Namen. Der zuerst entdeckte Mond (45) Eugenia I heisst Petit Prince.

Asteroiden-Selbstzerstörung durch den YORP-Effekt könnte in der Tat die Entstehung so manches Asteroidenmondes erklären, z.B. des kleinen Begleiters von Apollo, dessen Rotation ebenfalls immer schneller wird (Kaasalainen et al., Nature Advance Publ. 5614 vom 7.3.2007). Derzeit braucht der 1,4-km-Asteroid 3,1 Stunden für eine Umdrehung, aber jedes Jahr ist es 1/230 Sekunde weniger: In den vergangenen 40 Jahren hat Apollo dank des YORP-Effekts einen vollen Extratag hinter sich gebracht. Schon früher gab es vage Hinweise auf YORP-Veränderungen von Asteroidenrotationen, aber erst jetzt wurden die Lichtkurven der beiden lange genug beobachtet (bei Apollo: 25 Jahre), um andere Erklärungen wie z.B. Kollisionen auszuschliessen. Die kontinuierliche Beschleunigung ihrer Rotation folgt dem Modell, bei Apollo z.B. für eine plausible Dichte von 2,2 g/cm3. Und bei PH5 konnte dank des präzisen Radarbildes der YORP-Effekt sogar besonders genau berechnet werden.

Optionen – aber kein Geld – für die nächste Phase der NEO-Jagd
Jede Menge Alternativen für die Katalogisierung aller erdnahen Kleinkörper bis 140 m Durchmesser hinab hat die NASA am 8. März in einer lang erwarteten Studie vorgelegt, die der US-Kongress angefordert hatte – und die auch die Aussage enthält, leider ständen derzeit keine Mittel zur Verfügung, um die 500 Mio. bis 1 Mrd. Dollar teuren Suchprogramme auf der Erde und/oder mit Satelliten auf speziellen heliozentrischen Orbits auch tatsächlich durchzuführen. Was wiederum Missfallen in der Politik zur Folge hat. Bereits 2002 waren die Spezialisten für Near Earth Objects zu der Erkenntnis gelangt, die derzeit laufende Jagd auf NEOs von 1 km und mehr Durchmesser reiche auf Dauer nicht. Von diesen großen Brocken, deren Impakt eine globale Katastrophe auslösen würde, sind bis heute 75 Prozent (750 von geschätzten 1000±50) entdeckt worden, aber auch kleinere könnten noch ganze Länder verwüsten, und ein ähnlich kompletter Katalog wäre wünschenswert. So kam es, dass der Kongress die NASA im Dezember 2005 in einer Authorization Bill (die Ziele festlegt aber kein Geld vergibt) formell anwies, sich binnen 15 Jahren um die Entdeckung von 90% aller Near Earth Objects bis 140 m Durchmesser zu kümmern, deren Zahl auf 100 000 geschätzt wird.

In der Antwort heisst es nun, es sei sinnvoller, sich auf die Potentially Hazardous Objects zu konzentrieren, d.h. NEOs, die der Erde näher als 7,5 Mio. km kommen, was für etwa jeden fünften gilt. Je nachdem, ob man die 90%-Grenze für PHOs > 140 m bis 2026, 2020 oder gar schon 2017 erreichen wolle, würde die Jagd 700 Mio. oder 1,0 oder 1,2 Mrd.$ kosten. Die preiswerteste und langsamste Lösung wäre die Nutzung eines Teils der Beobachtungszeit an den von Astronomen ohnehin geplanten – aber nach wie vor nicht finanzierten – vier PanSTARRS-Teleskopen (PS-4) und dem Large Synoptic Survey Telescope (LSST). Das 2020-Ziel wäre zu erreichen, wenn zusätzlich ein zweites LSST gebaut würde. Und 90% der kleinen PHOs schon 2017 (bzw.97% 2020) kennen könnte man mit der Beteiligung an PS-4 und LSST und einem Spezialsatelliten in der Nähe der Venus mit einem 50-cm-IR-Teleskop. Auch über Möglichkeiten der Ablenkung bedrohlicher PHOs – zugleich Gegenstand einer Tagung – macht sich die Studie Gedanken, vor allem nuklearer Art.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*