Sie heißen auch Asteroiden, die Kleinplaneten des Sonnensystems, weil sie den Astronomen lange Zeit stern-, also punktförmig erschienen – aber das ist vorbei. Mit modernen optischen Verfahren lassen sich von den größeren Exemplaren echte Bilder mit vielen Details gewinnen, und entsprechende Beobachtungen an (6) Hebe haben nun zu einer interessanten Erkenntnis über den Ursprung der häufigsten Meteoriten geführt.
Der technische Trick – wenn man nicht gerade mit einer Raumsonde hinfliegt oder das Hubble Space Telescope einsetzt – ist Adaptive Optik: der Ausgleich der Luftunruhe mit einem rasant deformierbaren Spiegel im Strahlengang, so dass ein Großteleskop auf der Erde seinen Spiegeldurchmesser auch wirklich in Winkelauflösung verwandeln kann. Hebe war mit solchen System an 8- und 10-m-Teleskopen bereits 2002 bis 2010 als etwas eckiger Körper aufgelöst worden, aber die ersten richtig guten Bilder (oben) entstanden vom 8. bis 12. Dezember 2014 mit der brandneuen Adaptiven Optik SPHERE („Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet REsearch“) am Very Large Telescope in Chile mit 8 Metern Durchmesser. Aus den vier Aufnahmen wurde dann ein dreidimensionales Modell des Körpers erstellt: Hebe ist 215 x 200 x 170 km groß, und ihr Volumen entspricht einer 195-km-Kugel. Da die Masse schon grob bekannt war, folgt eine Dichte von 3,5±0,6 gm/cm³: eine perfekte Übereinstimmung mit der Dichte der H-Chondriten, die 34% aller Meteoriten-Funde auf der Erde ausmachen. Da sich die Spektren von Meteoriten und Asteroid ähneln und sich dieser in der Nähe einer Zone im Hauptgürtel befindet, aus der Splitter gut zur Erde gelangen könnten, galt Hebe schon eine Weile als bester Kandidat für den Ursprung der H-Chondriten.
Und doch sprechen ausgerechnet die SPHERE-Beobachtungen ziemlich deutlich gegen einen Zusammenhang! Denn die Daten sind derart gut, dass sich fünf große Impaktbecken von 50 bis 100 km Durchmesser und 7 bis 20 km Tiefe ausmachen lassen (Karte). Und damit lässt sich das Volumen abschätzen, das aus Hebe heraus geschlagen wurde: Es ist um einen Faktor 10- bis 30-mal kleiner als das gewaltige Rheasilva-Becken auf dem Asteroiden Vesta, der damit die naheliegende Quelle für eine Schar weiterer Asteroiden („Vestoids“) mit ähnlichen Eigenschaften und der selteneren Meteoriten-Klasse HED ist. Und aus den Hebe-Gruben ist auch nur ein Bruchteil so viel Material heraus geschlagen worden wie sich in fünf Asteroiden-Familien befindet, die ebenfalls spektrale Ähnlichkeit mit den H-Chondriten aufweisen. Damit ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein paar von Hebe stammen, aber der Hauptkandidat ist dieser Asteroid nicht mehr, zumal er keine eigene Familie besitzt, also schon lange keinen großen Crash mehr erlebte. Vielmehr dürfte ein anderer aber chemisch ähnlicher Asteroid – der noch zu identifizieren wäre – vor nicht zu langer Zeit eine Kollision erlitten haben, bei der ein Großteil der H-Chondriten entstand (die nach Laboruntersuchungen relativ frische Trümmerstücke sind). Die SPHERE-Beobachtungen gehen derweil weiter: In den nächsten zwei Jahren sollen rund 40 mindestens 100 km große Asteroiden der wichtigsten chemischen Klassen aufgenommen werden.LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1705.10515
Homepage von SPHERE: https://www.eso.org/sci/facilities/paranal/instruments/sphere.html
Alte Arbeit zu Hebe als Meteoriten-Quelle: http://articles.adsabs.harvard.edu/cgi-bin/nph-iarticle_query?1994A%26A…282..955M
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