U Antliae und V766 Centauri: zwei Sterne, näher gesehen

Eine Hülle aus Kohlenmonoxid um den Stern U Antliae, aufgenommen mit dem Radiointerferometer ALMA: links das reine Radiobild, rechts Komponenten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit relativ zur Sonne farblich codiert. Das "blaue" CO kommt auf uns zu, rötlicheres bewegt sich zur Seite; nach hinten wegfliegendes Gas, das ALMA ebenfalls sah, wurde hier weg gelassen. [ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/F. Kerschbaum]

Dass Sterne für die heutige Astronomie oft alles andere als Lichtpunkte sind, sollte sich allmählich herum gesprochen haben – nicht zuletzt dank der neuen „Karten“ von Antares. Hier gleich noch zwei aktuelle Veröffentlichungen, ebenfalls das Werk von Interferometern, bei denen mehrere Teleskope zusammen ein größeres bilden, das viel schärfer sieht: und zwar ALMA eine scharf begrenzte Gashülle um U Antliae im Radiobereich und das VLT den offensichtlichen Doppelstern V766 Centauri als zwei unterschiedlich große Sterne voreinander.

Dass sich U Antliae als Stern am Ende seines Lebens – in der sogenannten AGB-Phase – mit einer komplexen Gas- und Staubhülle umgeben hat, wusste man schon eine Weile, aber erst der Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) aus dutzenden Radioschüsseln in Chile zeigt sie in voller Pracht mit 1 bis 2 Bogensekunden Auflösung: Hier strahlt das Gas Kohlenmonoxid. ALMA misst auch die Frequenzverschiebung der Strahlung durch die Bewegung des Gases: Die scharf begrenzte Hülle expandiert mit 19 km/s und wurde mithin – man kennt die Entfernung des Sterns und damit ihren wahren Durchmesser von 1/6 Lichtjahr – vor 2700 Jahren abgestoßen. ALMAs Auflösung zeigt sogar eine filamentäre Feinstruktur: Da ist vermutlich schneller expandierendes Gas mit dem langsameren steten Sternwind von U Ant kollidiert. Nur wenige hundert Jahre lang hat der zunehmend instabil gewordene Stern damals erheblich mehr Gas in den Raum geblasen: All das sieht nicht nur faszinierend aus sondern spielt auch eine erhebliche Rolle bei der chemischen Anreicherung des interstellaren Raums und damit des Materiekreislaufs in der Galaxis.

Der Stern V766 Centauri zu unterschiedlichen Zeitpunkten, räumlich aufgelöst vom Very Large Telescope als optisches Interferometer. Die Interpretation ist, dass auf den Bildern 2 und 3 ein kleinerer Begleiter rechts unten vor dem Stern steht, während er sich in Bild 1 hinter ihm versteckt. [ESO/M. Wittkowski]
Die Bilder des VLT-Interferometers und seines Instruments PIONIER von V766 Centauri scheinen erst einmal weniger her zu machen – bis klar wird, dass hier offenbar räumlich aufgelöst ein kleinerer Stern zu sehen ist, der vor einem größeren her zieht! Bei letzterem handelt es sich wahrscheinlich um einen Roten Überriesen mit 36 Sonnenmassen, rund 1600-mal so groß wie die Sonne, der immerhin 0,004 Bogensekunden groß am Himmel steht: kein Problem für das VLTI, das ihn mehrfach mit 1,5 bis 1,8 µm Wellenlänge anpeilte. Im Jahr 2014 war auf dem Stern nur ein kontrastarmes längliches Gebilde zu sehen, 2016 und 2017 jedoch war da ein helles und deutlich kontrastreicheres Objekt aufgetaucht, etwa 700 Sonnendurchmesser groß. Die naheliegendste Erklärung ist ein Begleitstern in einem extrem engen Orbit, der den Hauptstern schon fast berührt: vermutlich ein kühler Riese oder Überriese, dessen Masse sich nur sehr vage auf 2 bis 20 Sonnenmassen eingrenzen lässt. Die Mehrheit der massereichen Sterne wird in Paaren geboren, insofern passt V766 Cen bestens ins Bild. Und auch wenn die VLTI-Bilder noch etwas schwammig erscheinen mögen: Es sind echte zweidimensionale Aufnahmen und keine künstlerischen Darstellungen.

LINKS:

ESO Press Release nebst Paper zu U Ant: https://www.eso.org/public/news/eso1730
Paper zu V 766 Cen: https://arxiv.org/abs/1709.09430
ESO Picture of the Week dazu: http://www.eso.org/public/images/potw1740a

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