Sonne langsamer als bisher angenommen

Die Heliosphäre beschreibt den nahezu fremdpartikelfreien Raum um das Sonnensystem. Im Bereich der Randstoßwelle (Termination Shock) beginnen sich die Partikel des Sonnenwindes und des interstellaren Mediums zu vermischen. Partikel, die nicht in die magnetische Blase eindringen können, stauen sich als Bugwelle, bilden aber keine Schockfront. [Southwest Research Institute]

Die Sonne bewegt sich langsamer durch das interstellare Medium, als bislang angenommen. Durch die verlangsamte Geschwindigkeit staut sich die Heliopause zwar zu einer Art Bugwelle auf, eine dichte Schockfront entsteht – entgegen bisherigen Annahmen – jedoch nicht.

Das Sonnensystem befindet sich im Inneren einer gigantischen Blase geladener Partikel und magnetischer Felder, die in der Astrophysik als Heliosphäre bezeichnet wird. In diesem weiträumigen interplanetaren Bereich verdrängt der Teilchenstrom der Sonne die interstellare Materie bis hinaus zur sogenannten Heliopause. Nur elektrisch neutrale Atome aus dem interstellaren Medium dringen in sie ein. Neben diesen wenigen Partikeln stammt fast die gesamte Teilchenmenge in der Heliosphäre vom Sonnenwind, den unser Gestirn mit bis zu 800km/s stetig ins All verströmt. Der Bereich, in dem die Heliosphäre mit interstellarem Staub und Gas kollidiert, markiert die äußere Grenze des Sonnensystems, die Heliopause. Seit mehr als 20 Jahren ging man nun davon aus, dass die Geschwindigkeit, mit der die Sonne und ihre Heliosphäre durch das interstellare Medium pflügen so beträchtlich ist, um eine regelrechte Stoßwelle an Teilchen, die die Heliosphäre nicht durchdringen können, vor ihr aufzubauen. Solche Schockwellen sind durchaus nichts Ungewöhnliches, und auch schon als sogenannte »Astrosphären« um andere Sterne der Milchstraße beobachtet worden. Anhand der Vermessung der Heliopause lassen sich nun Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit anstellen, mit der die Sonne ihre Bahn um das Galaktische Zentrum zieht. Sie bewegt sich dabei relativ zu dem Teilchenstrom und die verdrängten Teilchen fließen seitlich an der magnetischen Blase ab, ganz ähnlich dem Wasser, das durch einen Schiffsbug verdrängt wird. Die genauen Vorgänge hängen dabei von der Geschwindigkeit ab, mit der sich die Sonne durch den Raum bewegt, so dass Ausgestaltung der Heliopause und Geschwindigkeit des Sonnensystems in engem Zusammenhang zu setzen sind. Im Ergebnis steht nun »nur« noch eine Geschwindigkeit von rund 84000km/h gegenüber dem Wert von 94700km/h, der seinerzeit anhand von Ulysses-Daten ermittelt wurde. Durch die limitierte Geschwindigkeit resultiert gleichzeitig auch eine Verringerung der Kompression der Heliopause um etwa ein Viertel und liefert somit den Grund, weswegen die Idee einer Stoßfront als Grenze des Sonnensystems in der bisherigen Form wohl nicht mehr zu halten sein wird.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
www.sciencemag.org/content/early/2012/05/09/science.1221054.abstract

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