Russische Bolidenbahn bestätigt

Die Parallaxe der Spur des Tscheljabinsker Boliden: in Blau ihr tatsächlicher Verlauf, senkrecht auf den Boden projiziert – sie weist in Richtung des Fundortes der großen Endmasse. Aber gesehen haben sie die Satelliten DMSP F-16 und vor allem Meteosat-9 über scheinbar ganz anderen Orten: ein klassischer Parallaxeneffekt durch ihre schräge Sicht, aus dem sich die wahre Flugbahn in 3D berechnen ließ. [Miller et al., Insert: Alex Alishevskikh via ESA]

Die Flugbahn des ca. 17m großen Kleinstplaneten, der am 15. Februar über Russland durch die Atmosphäre schoss und in einer gewaltigen Luftexplosion über Tscheljabinsk unterging, war schon nach wenigen Tagen erstaunlich genau bekannt: Das hell aufleuchtende Objekt war von vielen Videokameras erfasst worden, und selbst wandernde Schatten auf dem Boden konnten ausgewertet werden. Rückwärts ließ sich dann die Bahn im Weltraum bis in den Kleinplanetengürtel zurückrechnen und umgekehrt feststellen, dass tatsächlich eine größere Endmasse in einem See mit verdächtigem Loch im Eis gelandet sein könnte (die kürzlich mit einiger Mühe auch geborgen wurde). Ein solches Überangebot an Videodaten ist freilich die große Ausnahme: Meist gibt es höchstens Augenzeugen – oder der Körper explodiert gänzlich unbeobachtet. Doch am Himmel bleibt nach großen Feuerkugeln oft noch eine Weile etwas zurück: eine auffällige Spur aus Staub, Rauch und Eis, die zwar vom Wind bald zerzaust wird, in den ersten Minuten aber die atmosphärische Flugbahn sauber nachzeichnet.

Das haben sich jetzt amerikanische Atmosphärenforscher zu Nutze gemacht: Sie sammelten Bilder des Tscheljabinsker Wolkenschlauchs, die Minuten später mehrere Wettersatelliten aufgenommen hatten. Wichtig waren dabei schräge Blicke auf Spur und Erdboden aus unterschiedlichen Winkeln: Die Wolke erscheint zum gleichen Zeitpunkt scheinbar erheblich gegen die Landschaft versetzt. Genau diesen Parallaxeneffekt konnten die Bildauswerter nutzen, um die dreidimensionale Lage der Bolidenspur über der Erdoberfläche zu bestimmen: Leicht war dies allerdings nicht, weil es an ihr kaum markante Punkte gab, die auf mehreren Bildern identifiziert werden konnten. Doch das Ergebnis war erfreulich: Die allein aus der Rauchspur bestimmte Flugbahn stimmt mit der aus den Videos des hellen Flugs berechneten exzellent überein. Auch dass der See mit dem Eisloch zum Ende der Bahn passt, konnte bestätigt werden, wobei der Flug der letzten Brocken aber schon deutlich abgebremst war und sie steiler zu Boden fielen als der Eintrittswinkel des Verursachers.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
www.pnas.org/content/early/2013/10/15/1307965110
Das Ereignis:
www.oculum.de/newsletter/astro/100/80/2/182.bo0om.asp#1
Stand der Auswertung:
news.discovery.com/space/asteroids-meteors-meteorites/russian-meteors-two-scary-lessons-131030.htm

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