Junge protoplanetare Scheibe: ein Planet – zwei Lücken

Die Staubringe im Protoplanetensystem AS 209, aufgenommen mit dem Radioteleskop ALMA in Kontinuumsstrahlung bei 1,3 mm Wellenlänge. Rechts sind zwei Ringe und zwei Lücken markiert, die Skala ist in Astronomischen Einheiten. [Fedele et al.]

Geradezu routiniert löst das Riesen-Radiointerferometer ALMA in Chile inzwischen die Staubscheiben um junge Sterne räumlich auf und findet dort oft ausgeprägte Ringstrukturen mit markanten Lücken vor. Im neuesten Fall AS 209 genügt wohl die Annahme eines einzigen Riesenplaneten, der mit seiner Schwerkraft das komplette Bild mit beiden Lücken schaffen kann – dessen Entstehung 95 Astronomische Einheiten vom Stern entfernt aber erst einmal erklärt werden will.

AS 209 in 410 Lichtjahren Entfernung im Schlangenträger ist erst 500000 bis 1 Mio. Jahre alt: ein Stern von 0,9 Sonnenmassen und 1,5 Sonnenleuchtkräften des Spektraltyps K5, umgeben von einer zentralen protoplanetaren Staubscheibe („core“) und zwei Staubringen mit 75 und 130 au (Astronomischen Einheiten = Abständen Erde – Sonne, also 11 und 19 Mrd. km) Radius, mit Lücken bei 62 und 103 au. Die Lücken sind unterschiedlich breit und tief: In der inneren gibt es noch Staubteilchen von Millimetern Größe, die äußere G2 ist gänzlich staubfrei. In ihr läuft wahrscheinlich ein Planet von etwa 2/3 einer Saturn- oder 1/5 Jupitermasse um den Stern, dessen Schwerkraft die Lücke geschaffen und zugleich die Staubverdichtung an ihrem Außenrand verursacht hat. Derselbe Planet könnte auch für die innere Lücke G1 sorgen – oder es gibt dort noch einen zweiten Planeten von weniger als der halben Masse, der genau doppelt so schnell um den Stern läuft (in einer 2:1-Resonanz). Diese Annahme ist aber letztlich nicht nötig.

Das Ringsystem in einem anderen Farbkeil – die knotige Struktur dürfte im Wesentlichen Rauschen sein. [ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/ D. Fedele et al.]
Die Existenz des Planeten in G2 – auf den es sonst noch keine Beobachtungshinweise gibt – wirft indes einige Fragen auf. Zum einen ist es erstaunlich, dass es ihn schon wenige 100000 Jahre nach der Entstehung des Sterns gibt. Und genau so verblüfft, dass seine Bildung in 95 au – 14 Mrd. km – Abstand von diesem funktioniert hat, wo die Staub- und Gasdichte nur gering ist. Am ehesten gelänge das wohl mit dem vorgeschlagenen Mechanismus einer Gravitationsinstabilität in der Scheibe selbst, die rasant genug Material auf engem Raum zusammen führen würde. Alternativ wäre es denkbar, dass zunächst Zentimeter-große Körner („Kieselsteine“ im Planetologen-Jargon) zusammen fanden, die sich vom Gas entkoppelten und weiter wachsen konnten – im Detail bleiben aber einige Probleme, und so bringt jede neue ALMA-Beobachtung die Forschung langsam voran. Und beeindruckend sehen die echten Scheiben-Bilder auch noch aus: Vor nicht all zu langer Zeit gab es dergleichen nur als künstlerische Darstellungen.

LINKS:
Originalarbeit: https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2018/02/aa31978-17/aa31978-17.html
NRAO Gallery: https://public.nrao.edu/gallery/young-planet-makes-a-scene
Homepage von ALMA: http://www.almaobservatory.org

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