Monde – neue Erkenntnisse über alte Bekannte

Die künstlerische Darstellung zeigt die Monde der vier Gasriesen und ihre Abstände. Die Masse der Monde nimmt nach außen hin zu, was durch ihre Größe angedeutet ist. [Frederic Durillon, Studio d'animation, d'illustrations et d'effets visuels, Paris]

Blickt man in die äußeren Bereiche des Sonnensystems, fällt neben den dort ansässigen großen Gasplaneten vor allem die hohe Anzahl der Monde in Auge, mit denen sich die Planeten umgeben. Wie ist es zu den erstaunlichen Zahlen gekommen? Umfingen sämtliche Gasriesen des Sonnensystems Ringe, die denen des Saturns glichen? Vermutlich schon, denn aus ihnen haben sich, einer neuen Hypothese zufolge, die meisten Trabanten der äußeren Planeten gebildet. Nur ein kleinerer Teil der Monde des äußeren Sonnensystems wurde durch gravitative Wirkung ihres Planeten eingefangen. Diese ehemaligen Vagabunden unterscheiden sich gut erkennbar in einer gravierenden Eigenschaft von Planetenbegleitern, die an Ort und Stelle gebildet wurden: Die Lage der Umlaufbahnen der eingefangenen Monde im Raum ergibt sich rein zufällig. Vergleicht man die große Mondfamilie der Gasplaneten untereinander, fällt auf, dass sich die größten Monde dieser Planeten in einem System von geordneter Struktur befinden. In dieser strukturellen Reihenfolge befinden sich die Umlaufbahnen der Monde um die jeweiligen Heimatplaneten sämtlich in einer gemeinsamen Ebene und die Masse der Monde nimmt nach außen hin zu. Ein im Grunde unübersehbarer Hinweis auf den gemeinsamen Entstehungsmechanismus, dem die Trabanten unterworfen gewesen sein müssen. Den naheliegenden Ansatz stellen hierzu Ringe ähnlich denen des Saturn dar, die in der Frühphase des Sonnensystems die Gasriesen umgeben haben könnten.

Entstanden sind die Ringe in der turbulenten Ära des noch jungen Sonnensystems durch Kollision größerer Objekte oder Planetesimale mit einem Planeten. Vergleichbar mit der Entstehungsgeschichte des Erdmondes sammeln sich die Trümmer einer solchen Kollision in einer relativ stabilen Umlaufbahn um den Planeten. Auch Kometen oder Kleinplaneten, die dem Planeten zu nahe kamen und durch sogenannte Gezeitenkräfte zerrissen wurden, kommen als Materielieferanten in Betracht. Die dem Planeten zugewandte Seite eines Körpers wird von diesem stärker, als die abgewandte Seite angezogen. Der hierdurch entstehende Zug im Inneren des Körpers kann zu seiner Zerstörung führen, wenn die Zugkräfte den inneren Zusammenhalt des Körpers übersteigen – insbesondere bei nahen Begegnungen. Der Abstand des Planeten zu einem Körper, innerhalb dessen die Gezeitenkraft diesen Körper auseinanderreißt, wird auch als Roche-Grenze bezeichnet. Da Saturns Ringsystem innerhalb dieser Grenze liegt, wird es an der Zusammenballung und Bildung größerer Körper gehindert. Jedoch sind solche Ringsysteme nicht statisch, sondern verbreitern sich über eine gewisse Zeitspanne aus unterschiedlichsten Gründen. Erreicht ein Teil des Ringsystems auf diese Weise den äußeren Bereich der Roche-Grenze, bzw. überschreitet sie, kann sich ab diesem Punkt ein Mond entwickeln. Durch die eigene Schwerkraft des anwachsenden neuen Mondes wechselwirkt dieser mit dem verbliebenen Ring und tauscht u.a. seinen Drehimpuls mit ihm aus. Da der Drehimpuls den Abstand festlegt, mit dem der neue Begleiter seinen Planeten umrundet, wandert der Mond immer weiter nach außen, woraufhin ähnlich einem Fließband wiederum neue Monde an der Roche-Grenze entstehen können. Es bildet sich eine Fertigungskette von Monden, deren Umlaufbahnen sich alle in einer Ebene befinden. Kommt es zwischen zwei neu formierten Monden auf ihrer Wanderung um den Planeten zu einer Kollision, sorgt – wie Simulationsrechnungen zeigen – dieser Zusammenstoß dafür, dass die Monde in einem System nach außen hin an Masse zunehmen. An der Roche-Grenze selbst bleiben indes nur kleinere Körper zurück.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1301.3808

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