Mond-helle Feuerkugel flog quer über Deutschland

Die leuchtende Flugbahn der Feuerkugel vom 14. November in dreidimensionaler Darstellung - automatisch rekonstruiert aus über tausend visuellen Beobachtungen: Sie begann östlich von Frankfurt und endete über der Vulkaneifel. [American Meteor Society]

Der Mini-Asteroid, der am frühen Abend des 14. November 2017 über Deutschland verglüht ist, war im globalen Maßstab nichts Besonderes – aber er hat europäische Astronomiegeschichte geschrieben: Ein 2015 eingerichtetes Meldesystem für visuelle Feuerkugel-Beobachtungen hat derart gut funktioniert, dass schon binnen Stunden eine ziemlich präzise Flugbahn abgeleitet werden konnte.

Die Bahn des Boliden über Deutschland, automatisch analysiert aus 1380 visuellen Beobachtungsberichten, die in den ersten 21 Stunden nach der Feuerkugel eingelaufen waren. [International Meteor Organization]
Die entscheidenden Information fehlen zwar noch: Hat eine Restmasse den Boden erreicht, so dass sich die Suche nach frischen Meteoriten lohnen könnte? Und wenn ja, wo liegt das wahrscheinliche Streufeld und wie groß ist es? Aber ansonsten ist über die Feuerkugel, die gegen 17:47 MEZ ein paar Sekunden lang aufleuchtete und mal schwächer, mal (viel) heller als der Vollmond eingeschätzt wurde, schon erstaunlich viel bekannt – und das ganz ohne die Analyse von Videoaufnahmen, von denen inzwischen zwar ein paar aufgetaucht sind. Es ist aber eine Flut von visuellen Beobachtungen, die eine – automatische – Analyse der Bahn des Boliden ermöglicht hat: eingesammelt über ein Online-Formular der International Meteor Organization, das seit 2015 in zahlreichen Sprachen zur Verfügung steht und über astronomische Organisationen aber zunehmend auch Massenmedien beworben wird. Nach exzellenten Erfahrungen mit dem System in den USA ist es jetzt global im Einsatz – und hat nun seinen mit Abstand größten Erfolg in Europa feiern können, mit 1400 Meldungen in den ersten 21 Stunden.

Die Verteilung der über tausend visuellen Beobachter, deren Berichte in den ersten 21 Stunden nach der Feuerkugel die International Meteor Organization erreichten (quasi eine Augenblicks-Aufnahme der Wolkenlage) – dazu die Flugbahn auf den Boden projiziert. Noch nie ist die Bahn eines Meteors allein aus visuellen Daten so schnell berechnet worden. [International Meteor Organization]
Das Ergebnis ist „Citizen Science“ und „Crowd Sourcing“ vom Feinsten: Natürlich sind die Einzel-Meldungen oft fehlerhaft, aber in der schieren Masse zeichnen sie das kosmische Geschehen ziemlich zielsicher nach. Das war daran zu erkennen, dass bereits sich die erste Bahnanalyse nur wenige Stunden nach der Feuerkugel – anhand der ersten etwa 200 Meldungen – in der Folge kaum mehr verändert hat. Alles bestens also in der Meteor-Kommunikation? Nicht wirklich, denn die „mediale“ Wirklichkeit hinkt(e) leider weit hinter diesem Triumph der internationalen Amateurastronomie her. Insbesondere Online-Zeitungs-Berichte fielen durchweg so verwirrt au swie eh und je, ließen die eindeutige Erklärung der viel beachteten Lichterscheinung als Meteor missen oder schrieben sie irrtümlich dem Schnuppenstrom der Leoniden zu – der (mangels des Frühlingssternbilds Löwe am herbstlichen Abendhimmel) so früh am Abend natürlich noch gar nicht aktiv ist. Vielmehr könnte es einen Bezug zum komplexen Strom der Tauriden geben: Das wird die weitere Analyse – dann auch unter Einbeziehung der Videos – zeigen.

LINKS:
Datenbank der Beobachtungen (mit Videos): http://fireballs.imo.net/members/imo_view/event/2017/4299
Analyse der IMO: https://www.imo.net/major-fireballs-over-germany-france-ohio-and-arizona
Analyse der AMS: https://www.amsmeteors.org/2017/11/four-major-fireballs-within-ten-hours

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*