In hellen Sommernächten sind sie eine wahrhaft zauberhafte Erscheinung am nördlichen Himmel: Leuchtende Nachtwolken. Jetzt lohnt es sich, abends nach den perlmuttfarbenen Schleierwolken Ausschau zu halten.
Am 3. Juni wurden die ersten Sichtungen Leuchtender Nachtwolken der Saison 2016 gemeldet. Beobachter u.a. in Schottland, Nordengland und Wales kamen in den Genuss der sommerlichen Himmelsgäste. Leuchtende Nachtwolken, nach dem englischen Begriff noctilucent clouds auch NLCs genannt, sind in den Sommermonaten Juni bis August zu sehen. Die größten Erfolgsaussichten für eine Beobachtung aus Deutschland bestehen erfahrungsgemäß im Juli. Ihr Auftreten ist nicht einfach vorherzusagen, doch sind ihrer Sichtbarkeit prinzipielle Grenzen gesetzt. Um das zu verstehen, muss man die irdische Hochatmosphäre und den Sonnenstand in den Blick nehmen.
Leuchtende Nachtwolken lassen alle anderen Wolkenarten weit unter sich – sie treten in 82 Kilometern Höhe auf. Dort, zwischen Mesosphäre und Thermosphäre liegt eine besonders kalte Region der Atmosphäre, die Mesopause. Hier herrschen im Sommer auf hohen nördlichen Breiten Temperaturen von –130°C oder weniger. Bei diesen niedrigen Temperaturen kann das in so großen Höhen seltene Wasser zu Eiskristallen kondensieren: Der Stoff, aus dem die NLCs sind. Doch die Eiskristalle brauchen Hilfestellung bei ihrer Entstehung. Kondensationskeime übernehmen diese Aufgabe. Sie speisen sich aus zwei Quellen: Erstens können Vulkanausbrüche Aerosole in derart große Höhen katapultieren. Tatsächlich wurden die ersten NLCs in den Jahren nach dem Ausbruch des Krakatau 1883 beschrieben. Derartige Materialquellen sind naturgemäß unregelmäßig aktiv. Daher kommen zweitens kosmische Geburtshelfer ins Spiel: Teilchen, die beim Verglühen von Meteoren entstehen. Man könnte sagen, Leuchtende Nachtwolken sind Kinder der Sternschnuppen! Und sie sind extrem dünn. Sie bilden einen so zarten Schleier, dass Sterne durch sie hindurch sichtbar sind. Die weiß-bläuliche Farbe der NLCs erklärt sich dadurch, dass die Stratosphäre Teile des orange- und rotfarbigen Sonnenlichtes absorbiert.
Geografisch bedingt liegt das Sichtbarkeitsfenster der Leuchtenden Nachtwolken etwa zwischen dem 50. und 65. nördlichen Breitengrad. Derart filigrane Gebilde brauchen eine Sonnentiefe von mindestens 6°, um sich überhaupt vom noch hellen Dämmerungshimmel abzuheben. Damit sind in Sachen Sichtbarkeit automatisch hohe nördliche Breiten aus dem Rennen: Mitternachtssonne und helle Mitternachtsdämmerung lassen den NLCs keine Chance. Andererseits darf es nicht zu dunkel werden. Bis zu einer Sonnentiefe von 16° werden die hohen Wolken noch vom Licht der Sonne getroffen. Die beste Beobachtungszeit liegt zum Ende bzw. Beginn der Nautischen Dämmerung, wenn die Sonne 10-12° unter dem Horizont steht.
Über Minuten ändern die feinen Wolkenwellen ihre Form. Es lohnen sich also Reihenaufnahmen, um die Bewegungen sichtbar zu machen. Auch wenn sich das Schauspiel schon dem bloßen Auge darbietet – Beobachtungen mit dem Fernglas sind ebenfalls beeindruckend. Weitere Infos zu Leuchtenden Nachtwolken stehen im interstellarum Himmels-Almanach 2016 S. 93. Auch wenn NLCs nicht in jeder klaren Sommernacht zu sehen sind – behalten Sie an klaren Abenden den nördlichen Horizont im Auge! Gelingt Ihnen ein Foto? Das zeigen wir gerne in unserer Astrofoto Community , auf unserer Facebookseite oder in den nächsten Ausgaben von Abenteuer Astronomie. Viel Erfolg!
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