Kaguya revolutioniert die Mondtopografie

So viel besser lässt sich das Mondrandprofil aus den Daten des Laserhöhenmessers auf dem japanischen Orbiter Kaguya berechnen als aus alten Vermessungen von Mondfotos durch C.B. Watts: Die Punkte sind tatsächliche Messungen, die beim Ein- bzw. Austritt eines Sterns während einer streifenden Bedeckung am 22. März dieses Jahres ermittelt wurden; oben ist als durchgezogene Linie das aus Kaguya-Daten berechnete Randprofil, unten das mit Watts-Daten vorhergesagte darüber gelegt. [M. Sôma]
So viel besser lässt sich das Mondrandprofil aus den Daten des Laserhöhenmessers auf dem japanischen Orbiter Kaguya berechnen als aus alten Vermessungen von Mondfotos durch C.B. Watts: Die Punkte sind tatsächliche Messungen, die beim Ein- bzw. Austritt eines Sterns während einer streifenden Bedeckung am 22. März dieses Jahres ermittelt wurden; oben ist als durchgezogene Linie das aus Kaguya-Daten berechnete Randprofil, unten das mit Watts-Daten vorhergesagte darüber gelegt. [M. Sôma]
Seit Jahrzehnten bemühen sich emsige Beobachter, den Durchmesser der Sonne mit Hilfe von Sonnenfinsternissen zu bestimmen: Wenn man Durchmesser und Bahn des Mondes kennt sowie das genaue Mondrandprofil, d.h. die Berge und Täler, die die Sonnensichel während der inneren Kontakte in eine charakteristische „Perlschnur“ aus Lichtpunkten und Bogenstücken zerschneiden, dann müsste sich der Durchmesser der Sonne auf hundertstel Bogensekunden genau ableiten lassen.

Und über die Jahre würde sich zeigen, ob die Sonne mit dem Aktivitätszyklus oder auch auf anderen Zeitskalen ihre Form verändert, was profunde astrophysikalische Bedeutung hätte (und vom Standardmodell der Sonne nicht vorausgesagt wird). Das Problem war bisher nur, eines ausreichend guten Mondrandprofils habhaft zu werden: Die klassische Grundlage sind Vermessungen tausender Mondfotos bei unterschiedlicher Libration durch C.B. Watts in den 1950er Jahren, und alle Weltraummissionen zum Mond haben zu keiner Verbesserung geführt. Stattdessen sind zahlreiche Beobachtungen streifender Sternbedeckungen – die natürlich nur in der Nähe der Mondpole möglich sind – zu punktuellen Nachbesserungen herangezogen worden: Das Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns tastet den Mondrand mit enormer Auflösung ab, aber immer nur ein winziges Stück.

Doch nun kommt endlich etwas ganz Neues ins Spiel, das die kleine Szene der Sternbedeckungs- und Finsternisvermesser in den vergangenen Tagen in Aufregung versetzt hat: Der Laserhöhenmesser auf dem aktuellen japanischen Mondorbiter Kaguya alias Selene hat nämlich ein derart gutes 3D-Bild des Mondes gezeichnet, dass das daraus berechnete Mondrandprofil und die Sternbedeckungsdaten in ersten Tests perfekt übereinander liegen! Bis spätestes November werden die Altimeter-Daten veröffentlicht, und damit eröffnen sich neue Analysemöglichkeiten: Zum Beispiel können nun auch Fotoserien und Videos von Sonnenfinsternissen in der Nähe der Zentrallinie ausgewertet werden, wo das Mondrandprofil nur durch die ungenauen Watts-Messungen bekannt war und man daher wenig aus der kurz aufblitzenden Perlschnur lernen konnte. Bisher waren eigentlich nur Daten vom Rand der Totalitäts- bzw. Annularitätszone zu gebrauchen, wo das Profil durch streifende Sternbedeckungen verbessert ist. Jetzt werden sich auch alte Sonnenfinsternisbeobachtungen aller Art bis in vergangene Jahrhunderte zurück neu auswerten lassen – und historische Berichte streifender Bedeckungen. Moderne Sternbeckungen wiederum können sogar dazu benutzt werden, die Positionen der Sterne zu verbessern und u.a. möglichen Problemen im Hipparcos-Katalog nachzuspüren.

Daniel Fischer

Vergleich Kaguya/Watts: optik2.mtk.nao.ac.jp/~somamt/grazes-kaguya.html
Das Laser-Altimeter: www.jaxa.jp/press/2008/01/20080110_kaguya_e.html

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