In den drei Jahrzehnten, in denen nun schon Planeten fremder Sterne entdeckt werden, hat es Überraschungen ohne Ende gegeben: Die Vielfalt der Exoplanetensysteme übertraf alle Erwartungen der Theoretiker, die vorher nur das Sonnensystem kannten. Jetzt ist eine besonders exotische Konstellation bekannt geworden: Ein Planet von rund 4 Jupitermassen umkreist in weitem Abstand einen Stern von 1,8 Sonnenmassen – um den aber auch ein enges Paar aus zwei weiteren kleineren Sternen kreist. Und eine neue Kamera am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte hat all dies direkt abgebildet.
Möglich ist das, weil die Sterne und damit auch der Planet noch sehr jung sind: Das System HD 131399 ist Teil der Sternassoziation Upper Centaurus-Lupus, 320±20 Lichtjahre entfernt und erst 16±1 Millionen Jahre alt. Der sozusagen frisch zusammen geklumpte Planet hat daher noch eine Temperatur von 850±50 Kelvin und in den nahinfraroten Farben J bis K eine Helligkeit von 19. bis 20. Größe: Daraus folgen über Modellrechnungen 4±1 Jupitermassen, eindeutig ein Planet und kein Brauner Zwerg also. Obwohl er 13 Größenklassen – oder einen Faktor 170000 – lichtschwächer als der nur 0,8 Bogensekunden entfernte Hauptstern A ist, um den er kreist, hatte das neue Instrument SPHERE (Spectro-Polarimetric High-Contrast Exoplanet Research) an einem der 8-Meter-Teleskope keine Probleme, ihn wiederholt aufzunehmen (Bilder). Er folgt eindeutig der Eigenbewegung von A am Himmel und gehört sicherlich dazu – ein zufällig so dicht neben dem Stern stehendes Hintergrundobjekt dieser Helligkeit wäre auch extrem unwahrscheinlich gewesen. Auch ein grobes Spektrum konnte SPHERE gewinnen: HD 131399Ab zeigt deutliche Absorption von Methan und Wasserdampf, typisch für Exoplaneten dieser Art, die dem Spektraltyp T angehören.
Das Spannendste an dem System HD 131399 ist aber seine Gesamtkonfiguration: Dass ein Planet und ein weiterer Stern oder gar Sternpaar gemeinsam und in größenordnungsmäßig ähnlichem Abstand um den Hauptstern kreisen, galt bislang als so instabil und unwahrscheinlich, dass in solchen Systemen gar nicht nach Exoplaneten gefahndet wurde. Das systematische Absuchen von rund 100 Einzel- und Doppelsternen in der Sternassoziation mit SPHERE ohne Rücksicht auf ihre Eigenschaften hat sich nun ausgezahlt: Bei den 33 bisher untersuchten Systemen wurde genau dieser eine Exoplanet gefunden. Noch nie zuvor wurde – mit irgendeiner Suchtechnik – ein Exoplanetensystem mit mehreren Sternen gefunden, bei dem der Planet in einem derart weiten Orbit um einen der Sterne kreist, wo ihn die Schwerkraft der anderen eigentlich markant stören sollte.HD 131399 wird als ein „hierarchisches“ Tripel-System bezeichnet, weil die Sterne B und C – mit 1,0 und 0,6 Sonnenmassen – einen wesentlich geringeren Abstand voneinander haben als sie gemeinsam von A, von dem sie rund 350 Astronomische Einheiten (Entfernungen Erde – Sonne) entfernt sind. Und Planet Ab zieht seine Bahn (die nur sehr vage bekannt ist und vielleicht einen Radius von 80 AE und eine Periode von 500 Jahren hat) zwischen dem Stern und dem Sternpaar. Bei Simulationsrechnungen wurden Lösungen mit stabilen Bahnen für den Planeten ebenso gefunden wie solche, bei denen er bald aus dem System entfliehen wird: Da dieses noch so jung ist, lässt sich zwischen den Möglichkeiten nicht entscheiden. Und genau so unklar bleibt, wie der Planet überhaupt auf seine jetzige überraschend weite Umlaufbahn um den Hauptstern geraten ist. Dreifach-Sternsysteme bieten da eine ganze Reihe Szenarien an – inklusive Fällen, in denen der Planet heute um einen anderen Stern kreist als um den, in dessen zirkumstellarer Scheibe er einst entstand.
Daniel Fischer
LINKS:
Pressemitteilung der ESO: https://www.eso.org/public/news/eso1624
University of Arizona Release: https://uanews.arizona.edu/story/newly-discovered-planet-has-three-suns
NASA Press Release: http://www.nasa.gov/feature/goddard/2016/newly-discovered-planet-has-3-suns
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