Wie angesichts des vorherrschenden Monsuns nicht anders zu erwarten, lagen Teile des bis zu 259(!) Kilometer breiten Totalitätsstreifens unter dichten Wolken, und mancher hoffnungsvolle Beobachter fand sich gar in den entscheidenden Minuten in einem Regenschauer wieder. Oft machten wenige Kilometer den Unterschied zwischen völligem Fehlschlag und nahezu perfekter Sicht aus (was so manchen Veteranen stark an die Bedingungen in Deutschland zehn Jahre zuvor erinnerte), und trotz meteorologischer Informationsquellen wie nie zuvor scheiterte manch große Expedition — selbst ein Kreuzfahrtschiff vor der chinesischen Küste konnte keine Wolkenlücke zur rechten Zeit finden. Allerdings hatte sich die großräumige Wetterprognose in den Tagen vor der Finsternis ziemlich stabilisiert, und wer es sich leisten wollte, konnte noch last-minute in die zentralchinesische Riesenstadt Chongqing entfliehen, für die es immer besser ausgesehen hatte; solch ein Manöver gelang unter großen Mühen sogar einer 28-köpfigen Reisegruppe aus Shanghai. Die meisten aber harrten an den lange vorher ausgekundschafteten Beobachtungsplätzen aus oder gingen allenfalls per Reisebus oder Taxi auf die Jagd nach besserem Himmel.
Nur leicht getrübte bis völlig klare Sicht boten Chongqing, die nach mancher Zählung größte Stadt der Welt (mit 32 Mio. Einwohnern in den administrativen Grenzen) und benachbarte Orte am Jangtse: Vor hier stammten auch die besten Livebilder der üppigen Fernsehsendungen des chinesischen Fernsehens und die schönsten Diamantringe in den Zeitungen. Die meisten internationalen SoFi-Reisen hatten sich aber — einer längeren Totatlität zuliebe — auf Wuhan weiter östlich und den Großraum Shanghai an der Küste konzentriert. Kurz vor Wuhan begann auch jene Zone verwirrender Wolkenverhältnisse, bei denen schon geringe Distanzen einen großen Unterschied machten: Manche schauten durch transparente Wolken, andere hatten klare Sicht, im Regen stand immerhin niemand. Im Osten schließlich war Shanghai selbst völlig chancenlos, und die Totalität versank im Regen, im Südwesten der Stadt Richtung Zentrallinie lagen Erfolg und Niederlage oft sehr dicht beieinander (wobei 350 deutschen Finsternisreisenden in Wuzhen just im rechten Moment ein verblüffend klares Wolkenloch lachte), und wo die Zentrallinie bei Jinshan die Küste schnitt, war es überwiegend wolkig. Dies galt auch für das hilflos nach einer Lücke suchende Kreuzfahrtschiff »Costa Allegra«, während die »Costa Classica« in der Nähe des Punktes des größten Finsternis beste Bedingungen vorfand. Und auch die wenigen — extrem aufwändigen — Reisen ans abendliche Ende des Totalitätsstreifens tief im Pazifik hatten überwiegend Glück. Doch ängstlich auf die eine oder andere Wolke schauen müssen hatte praktisch jeder, der zur »Jahrhundertfinsternis« aufgebrochen war.
Daniel Fischer
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spaceweather.com/eclipses/gallery_22jul09.htm | |
german.china.org.cn/photos/txt/2009-07/23/content_18192613.htm | |
www.boston.com/bigpicture/2009/07/the_longest_solar_eclipse_of_t.html | |
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cosmos4u.blogspot.com/2009/07/longest-total-eclipse-of-century-seen.html |
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