Die Helligkeit des mit Spannung erwarteten Kometen C/2012 S1 (ISON) hat inzwischen 10m erreicht und liegt damit weiter gut im Trend für eine stattliche Erscheinung kurz nach dem Perihel am 28. November – wenn die extreme Sonnennähe dem kleinen Kern nicht übel mitspielt. Erste Erkenntnisse der professionellen ISON-Forschung – vorgestellt auf einer Planetenforschertagung diese Woche in Denver – sorgen für Optimismus. So gibt es detaillierte Simulationsrechnungen zum Verhalten von Kometenkernen in Sonnennähe: Zwar sind wesentliche Parameter von ISONs Kern wie Durchmesser (zwischen 400m und 4km), Dichte und Rotationsrate weiter unbekannt, aber in fast allen durchgespielten Szenarien für kometentypische Werte wird er das Perihel überstehen. Eine kuriose Eigenschaft von ISON ist derweil in den nach wie vor besten Daten, Aufnahmen des Hubble Space Telescope vom 10. April, entdeckt worden: Die innere Koma bis 5000km Kernabstand war blauer als bei Kometen üblich, die nah des Kerns eher rötlicher sind. Eine Erklärung wären größere Mengen von Wassereispartikeln, die der Kern – aus welchem Grund auch immer – in die Koma blies.
Die wichtigste Entdeckung auf den Hubble-Aufnahmen vom April war aber ein markanter Staubfächer genau in Sonnenrichtung: Nicht nur während der 19 Stunden Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop sondern auch auf späteren Bildern vom Erdboden aus, die ihn mehr oder weniger klar zeigten, wies er stets in dieselbe Richtung. Aus der Unveränderlichkeit dieses Staubjets wird nun vorsichtig geschlossen, dass er in der Nähe eines Rotationspols des Kerns austritt, der wiederum ziemlich genau in der gegenwärtigen Flugrichtung und damit permanent in der Sonne liegt. Was zugleich bedeutet, dass die andere Hemisphäre von ISON, der das innere Sonnensystem zum ersten Mal besucht, noch nie der Sonne ausgesetzt war – und das wird sich ab eine Woche vor dem Perihel rapide ändern, da die Achse raumstabil sein dürfte. Plötzlich wird die kalte Kernseite schnell aufgeheizt, und wenn sich dort Taschen mit »superflüchtigem« Eis aus Kohlendioxid und -monoxid befinden sollten, könnte es einen gewaltigen zusätzlichen Aktivitätsschub geben. Genau solche Depots scheint ISON wirklich zu besitzen: Seine verwirrende Lichtkurve bis diesen Sommer lässt sich nämlich nach einer – allerdings nicht unumstrittenen – Hypothese durch den lang anhaltenden Ausbruch einer Kohlenmonoxid-Zelle verstehen. Der ist zwar vorbei – aber das Beste könnte erst kommen.
Daniel Fischer
arxiv.org/abs/1309.2288 |
www.psi.edu/news/ISON3.html |
arxiv.org/abs/1309.2688 |
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