Gewaltige Sternentstehung nach Crash von Galaxien im frühen Kosmos

Zoom in das Galaxienpaar ADFS-27: im Hintergrund ein Bild des Infrarotsatelliten Herschel, der die Quelle entdeckte, im ersten Schritt ein Bild der APEX-Schüssel, die sie noch nicht auflösen konnte. Und rechts der Anblick mit dem ALMA-Interferometer bei 870 mm: Nun sind die beiden Galaxien deutlich getrennt, Abstand 1,5". [NRAO/AUI/NSF, B. Saxton; ESA Herschel; ESO APEX; ALMA (ESO/NAOJ/NRAO); D. Riechers]

Eine Milliarde Jahre nach dem Urknall sind im noch jungen Kosmos zwei als solche schon große Galaxien mit je über 300 Milliarden Sonnenmassen zusammengestoßen und haben dabei die Bildung neuer Sterne mit enormer Rate – rund 2400 Sonnenmassen pro Jahr – ausgelöst: Größtenteils von dabei ebenfalls enstandenem Staub verborgen, ist das seltene Phänomen erst jetzt von modernen Radioteleskopen aufgespürt worden.

Staubige Galaxien mit hoher Sternbildungsrate – DSFGs, dusty star-forming galaxies – spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der massereichsten Galaxien im Kosmos, und die hellsten DSFGs, die HyLIRGs (hyper-luminous infrared galaxies) gehören zu den leuchtkräftigsten und massereichsten Sternsystemen dieser Ära: Sie haben Leuchtkräfte von über 10 Billionen Sonnen und produzieren über 1000 Sonnenmassen an neuen Sternen pro Jahr. Dahinter stecken jeweils zwei gerade verschmelzende gasreiche Galaxien, wobei neben den Sternen aber auch so viel Staub entsteht, dass nur infrarotes Licht heraus kommt – das wegen der hohen Rotverschiebung dieser Galaxien im Sub-Millimeter-Bereich des (Radio-)Spektrums landet. Mit dem ESA-Satelliten Herschel wurde eine Klasse von Quellen entdeckt, die zu längeren Wellenlängen immer heller und deswegen „870 µm riser“ genannt werden: Der erste dieser Funde, ADFS-27, wurde dann mit Radioteleskopen in Chile genauer untersucht – und nun hat sich ein Gesamtbild voll großer Zahlen ergeben.

Mal sieht man die beiden Galaxien, „mal“ (Pferd) und „yong“ (Drache) getauft, mal nicht: Bei 870 µm (Farbe) und 3 mm (graue Konturen darüber; viel geringere Auflösung) sind sie für ALMA sichtbar, für das Infrarotteleskop VISTA (zwei Farben oben) oder den IR-Satellliten Spitzer (zwei unten) dagegen nicht. [Riechers et al.]
Mit der einen Schüssel des APEX-Teleskops war an der Stelle mit 870 µm Wellenlänge bereits eine helle Quelle zu erkennen (Bild oben Mitte), die das Radiointerferometer ALMA in zwei auflösen konnte (rechts), je etwa 7000 Lichtjahre groß und 30000 Lichtjahre voneinander entfernt. Die Herschel-, APEX- und ALMA-Daten zusammen liefern ein grobes Spektrum, mit eindeutiger Interpretation: Hier glimmen 2 bis 7 Milliarden Sonnenmassen Staub mit einer Temperatur von 30 bis 100 Kelvin. Und daraus lässt sich abschätzen, dass hier jedes Jahr etwa 2400 Sonnenmassen interstellare Materie in neue Sterne umgewandelt werden, aus einem Gasvorrat von 250 Milliarden Sonnenmassen, der mithin etwa 100 Mio. Jahre lang reicht. Ein HyLIRG vom feinsten also, auch wenn die Bilder wegen der enormen Distanz – die Strahlung ist 12 1/2 Milliarden Jahre zu uns unterwegs, die Rotverschiebung beträgt 5,66 – nach nicht viel aussehen. Die beiden Galaxien, die bald zu einer verschmelzen werden (was in der Realität natürlich schon vor Jahrmilliarden geschehen ist), erleben praktisch einen „maximalen Starburst„. Unter allen Herschel-Kandidaten war nur dieser Fall völlig überzeugend: So folgenreiche Galaxien-Fusionen hatten auch im jungen All schon Seltenheitswert.

LINKS:

Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1705.09660
ESA Press Release: http://sci.esa.int/herschel/59767-herschel-discovers-galaxy-merger-in-the-very-early-universe
NRAO Press Release: https://public.nrao.edu/news/2017-alma-starbursting-merger

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