Geschichte wiederholt sich doch

Die Kombination aus Bildern des Gemini Planet Imagers und des Hubble Weltraumteleskops zeigen unter anderem einen asymmetrisch geformten Materiering. Die unregelmäßigen Strukturen weisen auf vorangegangene turbulente Zustände hin. [Paul Kalas, UC Berkeley]

In etwa 300 Lichtjahren Entfernung von der Erde umrundet ein Gasriese mit der Katalognummer HD 106906b seinen Mutterstern in fast 20-fachem Sonne-Pluto-Abstand. Dieser Befund für sich genommen ist letztlich heutzutage keine besondere Erwähnung mehr wert. Die gut und gerne 100 Milliarden Kilometer Distanz des Muttersterns in Verbindung mit dem massereichen Erscheinungsbild von HD 106906b (immerhin 11-mal schwerer als Jupiter) führt jedoch zu der Frage, warum der Gasriese so weit draußen seine Runden dreht. Denn dass er ursprünglich auch dort draußen entstanden ist, gilt nach den führenden Modellen der Sonnensystementwicklung als sehr unwahrscheinlich. Antworten auf diese Frage wiederum schlagen einen Bogen zu unserem eigenen Planetensystem, denn das im erst 13 Millionen Jahre alten Exoplanetensystem beobachtbare Szenario könnte durchaus jenem ähneln, welches für die frühen Anfänge unseres Sonnensystems angenommen wird.

Die junge Exosonne zeigt sich von einem asymmetrisch gestalteten Materiering nebst Staubscheibe umgeben, was die Schlussfolgerung auf sich vor Ort zutragende turbulente Ereignisse zulässt. Dieselben Kräfte nun, die für die »Unordnung« im Materiering um den zur Lower Centaurus Crux (LCC) Gruppe, einem Teil der Scorpius Centaurus Assoziation zählenden Stern verantwortlich zeichnen, haben möglicherweise auch HD 106906b auf seine so abseitig einsam gelegene Bahn katapultiert. Den in unmittelbarer Umgebung des Gasriesen ausgemachten Staubring kann dieser bei seinem unsanften Rauswurf aus der Mitte des Systems in die Außenbereiche aus dem Materiering um die Exosonne eingefangen und mit sich fortgetragen haben. Eine Erwartung, die wieder an unser heimisches Sonnensystem denken lässt. Damals – so lautet die derzeit favorisierte Betrachtung – wurde ebenfalls ein massereicher Planet aus der unmittelbaren Sonnenumgebung gedrängt und schließlich gänzlich aus dem System geschleudert. Ein solches Ereignis würde zugleich auch die Erklärung zu der Frage liefern, warum der Kuiper-Gürtel, jene flache, ringförmige Materieansammlung, die sich außerhalb der Neptunbahn in einer Entfernung von ungefähr 30 bis 50 Astronomischen Einheiten (AE) nahe der Ekliptik erstreckt, in der Frühzeit des Sonnensystems einen beträchtlichen Massenverlust erleiden musste: der auswandernde Planet riss einen erheblichen Teil, ähnlich wie HD 106906b in seinem System, mit sich. Als Auslöser der Vorgänge hier wie dort gilt ein zu nahe vorbeiziehender Stern, oder im Falle von HD 106906 noch ein weiterer, unentdeckter Gasriese.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
iopscience.iop.org/article/10.1088/0004-637X/814/1/32

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