Galaxy Zoo: nächste Stufe der »Bürger-Forschung«

Die Benutzeroberfläche der neuesten Erfindung aus dem »Galaxy Zoo«: Das echte Bild verschmelzender Galaxien — in der Mitte — muss mit acht Simulationen verglichen werden, die nach einigen Iterationen immer genauer passen sollen. [George Mason University]
Die Benutzeroberfläche der neuesten Erfindung aus dem »Galaxy Zoo«: Das echte Bild verschmelzender Galaxien — in der Mitte — muss mit acht Simulationen verglichen werden, die nach einigen Iterationen immer genauer passen sollen. [George Mason University]
Am Anfang war es noch ganz einfach: Die Teilnehmer des überaus erfolgreichen »Citizen Science«-Projekts Galaxy Zoo — eine Viertelmillion waren es am Ende — bekamen automatisch eine Galaxie aus der Sloan Digital Sky Survey nach der anderen gezeigt und mussten sie nach einfachen Regeln klassifizieren.

Wie sich bald zeigte, konnten das Laien in der Masse sogar zuverlässiger als einzelne hochtrainierte Fachleute: 16 Forschungsarbeiten hat der ursprüngliche Galaxy Zoo bereits hervorgebracht. Zwar gibt es ihn noch (inzwischen in einer zweiten Inkarnation mit komplexerer Klassifikation), aber am 24. November ist mit »Understanding Cosmic Mergers« ein völlig neuartiges Projekt dazu gekommen. Diesmal geht es um Verschmelzungen zwischen Galaxien, was zu markanten »Gezeitenschweifen« herausgeschleuderter Sterne in vielen verschiedenen Mustern führen kann. Diese faszinierenden Strukturen lassen sich auch im Rechner simulieren, aber das ist eine Einbahnstraße: Kein Weg führt vom Bild einer Galaxienfusion direkt zu den Parametern der beteiligten Galaxien und der Kollisionsmechanik. Stattdessen müssen diese Parameter geschickt variiert und das resultierende simulierte Bild mit den Beobachtungen verglichen werden — ein mühsames Geschäft und damit genau das Richtige für die Gemeinde der »Zooites«, wie sich die Fans des Galaxy Zoos nennen. Diesmal wird ihnen eine von 3000 Aufnahmen verschmelzender Galaxien präsentiert, die selbst im Rahmen des Galaxy Zoo entdeckt wurden, zusammen mit acht zufällig ausgewählten Simulationen im selben Maßstab (Abb.). Passt überhaupt keine, was häufig der Fall ist, kommen eben die nächsten acht aus einem Fundus von Millionen. Gibt es aber Ähnlichkeiten, dann kann diese spezielle Simulation markiert und in einem weiteren Schritt noch besser an das echte Bild angepasst werden.

Das ist möglich, weil Java-Applets auf dem eigenen Rechner rasch neue Simulation durchführen können, auf der Basis eines uralten FORTRAN-Programms übrigens aus der Pionierzeit solcher Rechnungen. Vorversuche haben gezeigt, dass — wie schon bei der Galaxienklassifikation — der Mensch viel besser als jede trickreiche Software in der Lage ist, die Ähnlichkeit von Galaxienbildern zu beurteilen. Und den eigentlichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn verspricht wieder die schiere Anzahl an Vergleichen, die die Schar der »Zooites« in kurzer Zeit bewältigen dürfte: Es soll sich herausschälen, welche Kollisionsparameter im Kosmos dominieren und damit insgesamt die Entwicklung der Galaxien gesteuert haben. Allerdings haben die Initiatoren von Galaxy Zoo Mergers auch einen Hintergedanken, den sie nicht verbergen: Sie werden das »Verhalten« der Zooites genau studieren, um vielleicht doch einen Computeralgorithmus zu finden, der dasselbe kann. Am Ende sollen sich Mensch und Maschine dann optimal ergänzen — auch bei der Massenverarbeitung astronomischer Bilder.

Daniel Fischer

Einführung: www.galaxyzooblog.org/2009/11/24/galaxy-zoo-understanding-cosmic-mergers
Pressemitteilung: news.gmu.edu/articles/1206
Hintergrund: www.galaxyzooblog.org/2009/11/26/galaxy-zoo-mergers-a-personal-perspective

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