Es war ein mitunter steiniger Weg gewesen, zwischen dem perfekten Start des ESA-Astrometrikers am 19. Dezember 2013 und dem formellen Ende der Inbetriebnahme im Lagrangepunkt 2 am 18. Juli 2014. Trotz Jahrzehnten der Vorbereitung überraschte der überaus komplexe Satellit unter Weltraumbedingungen immer wieder: Mal erwies er sich als überraschend dunkel am irdischen Himmel, so dass Teleskope Probleme bekamen, seinen Ort im Raum genau zu vermessen, mal gaste er stärker aus als erwartet, was die Optik trübte (und wogegen vorsichtiges Heizen hilft). Auch lassen unverhofft viele Mikrometeoriten den Satelliten erzittern, und seine Form verändert sich auf mysteriöse Weise immer etwas.
Das größte Ärgernis aber ist mehr Streulicht von der Sonne im optischen System als erwartet. Dessen Ursache wurde immer noch nicht gefunden und ist trotz aller Bemühungen nicht ganz zu eliminieren. Aber alle essenziellen Systeme an Bord Gaias arbeiten bestens, etwa die 106 CCD-Chips, und so hat am 25. Juli die systematische Kartierung der Milchstraße beginnen können.
Gaia tritt die Nachfolge des ESA-Satelliten Hipparcos von vor 25 Jahren an, und das Prinzip ist das gleiche: Durch Spiegel landen zwei am Himmel um einen extrem genau bekannten Winkel – von 106,5° – gegeneinander versetzte Felder übereinander in der Brennebene, und es werden Unmengen relativer Sternabstände gemessen.
Daraus entsteht am Ende ein ultrapräziser Katalog von Positionen, die um etliche Größenordnungen genauer als die Auflösung des Gaia-Instruments (mit einer Pixelgröße von 59 Millibogensekunden) sind. Gaia dreht sich einmal alle 6 Stunden um seine Achse, so dass die beiden Gesichtsfelder kontinuierlich über das CCD-Feld wandern: Während der fünfjährigen Mission wird jedes Himmelsfeld im Schnitt 72 Mal abgetastet. Die CCDs haben dabei unterschiedliche Aufgaben: Die meisten bilden ein astrometrisches Feld für Sterne bis zur 20. Größe, andere messen die Farben der Sterne oder nehmen Spektren auf, die für die Bestimmung von Radialgeschwindigkeiten von Sternen noch bis zur 16. Größe und andere Analysen genügen.
Eine positive Überraschung war, dass noch Sterne bis zur 3. (und nicht 6.) Größe herauf sinnvoll beobachtet werden können, so dass letztlich nur die 230 hellsten des Himmels und nicht gleich derer 6000 im Gaia-Katalog fehlen werden – der freilich am Ende etwas über eine Milliarde Sterne enthalten dürfte. Mit ihren Positionen auf – je nach Helligkeit – eine halbe Milli- bis 5 Mikrobogensekunden genau, Eigenbewegungen, Parallaxen (und damit direkten Entfernungen) und mehr. Lediglich bei den schwächsten Sternen wird die Genauigkeit wegen des Streulichtproblems gegenüber den ursprünglichen Erwartungen um maximal einen Faktor 2 verringert sein. Gleichwohl sollte Gaia einen Großteil der Milchstraße in drei Dimensionen und etwa jeden hundertsten ihrer Sterne erfassen. Eine erste Version des gigantischen Katalogs, mit nur den Sternpositionen und -helligkeiten, wird nach den Erkenntnissen der Testphase nun im Sommer 2016 erwartet, die komplette Endfassung mit sämtlichen Sternparametern ca. 2022: Unzählige Teilgebiete der Astronomie werden davon profitieren.
Daniel Fischer
www.cosmos.esa.int/web/gaia/news_20140729 |
sci.esa.int/gaia/54414-gaia-go-for-science |
arxiv.org/abs/1303.0303 |
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