Am 14. Dezember hatte ihn eine Delta 2-Rakete von Vandenberg aus in eine niedrige polare Erdumlaufbahn gebracht, am 29. Dezember wurde der Deckel seines Teleskops geöffnet, und sogleich folgten die ersten Testaufnahmen. Keine besonderen Himmelsobjekte wurden dafür angepeilt, da man noch gar nicht wusste, wie gut überhaupt die räumliche Ausrichtung des Wide-field Infrared Survey Explorer oder WISE funktionierte: Stattdessen schaute man blind in ein halbes Dutzend Richtungen ohne gefährlich helle Objekte und nahm jeweils 8,8 Sekunden lang Bilder auf.
Das attraktivste Bildfeld wurde dann am 6. Januar der Öffentlichkeit präsentiert: Der helle Stern ist der rote V482 Carinae, das diffuse Glühen oben links stammt von Staubwolken. Das 40cm-Teleskop ist offensichtlich gut fokussiert, wie man am scharfen Beugungsmuster des hellen Sterns erkennt: Schon Anfang Februar soll es eine Auswahl nunmehr repräsentativer Himmelsobjekte zu sehen geben, und dann beginnt eine sechsmonatige Himmelsdurchmusterung. Ihr folgt noch eine halbe weitere, bis ungefähr im Oktober der gefrorene Wasserstoff aufgebraucht ist, der Optik und Instrumente auf 12 und teilweise sogar nur 8 Kelvin kühlt. Rund 7000 Aufnahmen in vier Wellenlängen (3,4µm, 4,6µm, 12µm und 22µm) mit 47′ Gesichtsfeld soll es jeden Tag geben: Jeder Himmelspunkt wird während der Mission mindestens 8-, manche über 1000-mal angeschaut; die Auflösung beträgt dabei etwa 6″, bei 22µm immer noch 12″. Auf den Millionen Bildern – alle 11 Sekunden ein neues, während sich WISE langsam dreht – sollten hunderte von Millionen Objekten zu erkennen sein: jeweils rund 100 Millionen Galaxien und 100 Millionen Sterne der eigenen Milchstraße (allein das eine Testbild zeigt schon rund 3000), dazu hunderttausende von Körpern im Sonnensystem.
Dazu gehören erdnahe Asteroiden ebenso wie solche im Hauptgürtel: Fast alle hunderttausend ab 3km Durchmesser muss der Satellit sehen. Dasselbe gilt für sämtliche sonnennahen Sterne und Braunen Zwerge: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass WISE einen Zwerg näher als Proxima Centauri findet, denn gibt es einen, dann ist er zwangsläufig IR-hell genug, um entdeckt zu werden. Am anderen Ende des kosmischen Größenspektrums ist WISE besonders für die ultrahellen Infrarot-Galaxien empfindlich, unter denen der Satellit durchaus die leuchtkräftigste Galaxie des ganzen Kosmos aufspüren könnte. Etwa 16 Monate nach dem Start – im April 2011 – wird die gesamte astronomische Welt mit vorläufigen, im März 2012 dann mit den endgültigen Daten der 320-Mio.$-Mission beglückt: Dazu gehören ein Atlas und ein Katalog sämtlicher gesichteten Himmelsobjekte. Nach den Erfahrungen mit anderen Himmelsdurchmusterungen, die in neue Empfindlichkeitsbereiche vorgestoßen sind, werden völlig überraschende Entdeckungen geradezu erwartet. Und garantiert ist eine wesentliche Rolle des WISE-Atlas auch als Pfadfinder für den Riesen-IR-Satelliten JWST, der 2014 starten soll.
Daniel Fischer
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