Eine ringförmige Sonnenfinsternis … von wissenschaftlicher Bedeutung?

Eine Weile vor dem 2. Kontakt nahe dem Nordrand der Zone der Ringförmigkeit am 26. Februar, aufgenommen ohne Filter: Hinter dem Mondrand zwischen den völlig überbelichteten Hörnerspitzen der Sonnensichel strahlt die innere Korona - und links ist auch eine größere Protuberanz zu sehen. [Daniel Fischer]

Eine ringförmige Sonnenfinsternis, bei der der Mond nur einen extrem dünnen Sonnenring am Himmel stehen ließ, lockte am 26. Februar eine überraschend große Schar von Enthusiasten aus aller Welt in den tiefen Süden Chiles und Argentiniens, wo bei bestem Wetter beiderseits der Anden ungewöhnliche Bilder möglich waren – und in diesen steckt womöglich erstaunliche Information über den Durchmesser der Sonne.

Kurz vor dem Beginn der Ringphase in der Nähe des Nordrandes: Zwischen den Hörnerspitzen spannt sich bereits der rote Bogen der Chromosphäre, der Schicht der Sonnenatmosphäre unmittelbar über ihrer gleißend hellen ‚Oberfläche‘, der Photosphäre. Und von dieser machen sich nicht nur die sich schließende Sonnensichel sondern auch ein markanter „Baily’s Bead“ links bemerkbar, wo Photosphärenlicht bereits durch ein Tal am Mondrand bricht. [Daniel Fischer]
Durch einen typischen Sonnenfilter gefilmt, sahen die spannenden Minuten rund um die Ringphase so aus: Die Sonnenscheibe ist zu einer Sichel geworden, die immer schmaler wird, während ihre Hörnerspitzen aufeinander zu laufen. Und kurz bevor sich der Ring schließt, tauchen zwischen den Spitzen weitere ‚Lichtperlen‘ auf, Baily’s Beads, wo bereits Licht der Sonnenoberfläche durch Mondtäler bricht. Die Perlen vereinigen sich schließlich, und der Ring ist geschlossen, um am Ende in gleicher Weise wieder aufzubrechen. Es ist aber auch möglich, in den Minuten und Sekunden vor dem Schließen und nach dem Aufbrechen des Rings wesentlich länger zu belichten als bei gewöhnlicher Sonnenfotografie und/oder weniger bis gar nicht zu filtern (letzteres ist nur bei Kameras mit elektronischem Sucher sicher!) – dann tauchen noch weitere schwächere Phänomene aus der Sonnenatmosphäre auf, die sonst nur bei totalen Sonnenfinsternissen erwischt werden können. Die Chromosphäre, Protuberanzen und sogar die innere, hellste Sonnenkorona gehören dazu, und um sie länger knapp über dem Mondrand zu halten, empfiehlt sich die Beobachtung in der Nähe des Randes der Zone der Ringförmigkeit: Dort ’schleift‘ der Mond gewissermaßen am Sonnenrand vorbei. So wurde es gemacht bei den oberen beiden Aufnahmen des Autors aus der Nähe des Nordrands der Annularitätszone nördlich von Facundo in Argentinien …

Nach dem 3. Kontakt, nunmehr in unmittelbarer Nähe des Südrandes der Annularitäts-Zone: Die Lücke zwischen den Sichelhörnern wird wieder breiter, und es sind eine kleine Protuberanz und Teile der Sonnenchromosphäre sowie schwach die Korona sichtbar. [Jörg Schoppmeyer]
… und ebenso von einer anderen Beobachtergruppe noch knapper am südlichen Rand (nördlich von Sarmiento): Eine Animation ihrer Bilder zeigt, wie sich der Chromosphärenbogen immer weiter verkürzt, der Ring schließt und sogleich wieder an anderer Stelle öffnet. Garniert wird das Ganze vom Kommen und Gehen der Baily’s Beads – und genau darin steckt womöglich spannende Wissenschaft. Das Profil des Mondrandes kann nämlich heute anhand präziser 3D-Karten des Mondes von den Orbitern Kaguya und Lunar Reconnaissance Orbiter extrem genau vorhergesagt werden – und damit auch das an einem bestimmten (und dank GPS exakt bekannten) Ort zu erwartende Muster der Baily’s Beads.

Die einzige Variable ist der Durchmesser der Sonnenscheibe, die zusammen mit dem Mondrand dieses Muster erzeugt. Und insbesondere die Bildsequenz aus Sarmiento legt nahe, dass die Sonne ein bisschen größer ist als gemeinhin angenommen. Auch das Beads-Muster an anderen Standorten bei dieser Finsternis – und bei diversen anderen Sonnenfinsternissen der vergangenen Jahre – weist denselben Trend auf. Eine Handvoll Beads-Spezialisten unter den Sonnenfinsternis-Jägern spürt möglichen Veränderungen des Sonnendurchmessers schon seit Jahrzehnten nach, aber signifikante Aussagen blieben rar: Die Kombination von 3D-Mondkarten, GPS und moderner Fototechnik versprechen nun klarere Ergebnisse – und ringförmige wie totale Sonnenfinsternisse sind gleichermaßen für solche superpräzisen Messungen geeignet.

Daniel Fischer

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