Seit letzten September der erste Schwung Daten des Satelliten Gaia öffentlich wurde, haben Astronomen jede Menge Entdeckungen damit gemacht, fundamentale wie auch kuriose. In letztere Kategorie gehört die Entdeckung zweier bis dahin unbekannter Sternhaufen in der Milchstraße – einer davon nur 10 Bogenminuten vom hellsten Stern am Himmel entfernt: Ohne dessen Glanz wäre er womöglich sogar auffällig.
Die Himmelspositionen von über einer Milliarde Sternen enthält bereits der erste Gaia-Katalog: Darin kann man zum Beispiel nach Verdichtungen im Muster der Sterne suchen, die auf Sternhaufen oder kleine in Einzelsterne aufgelöste Galaxien in der Nähe der Milchstraße hinweisen. Das lässt sich gut automatisieren, wichtig ist nur die clevere Wahl der richtigen Kriterien. So dürfen z.B. kompakte schwache Galaxien nicht berücksichtigt werden, die Gaia zunächst auch als Sterne verbucht: Da Galaxien gerne in Haufen auftreten, würden jede Menge Sternhaufen vorgetäuscht werden. Nach Anwendung aller Filter blieben 259 kleine überdichte Bereiche im Gaia-Sternengewimmel übrig, von denen 244 mit bekannten Sternhaufen oder nahen Galaxien identifiziert werden konnten. Interessanterweise waren darunter auch mehrere ultraschwache Zwerggalaxien, die andere Suchprogramme erst vor wenigen Jahren aufgespürt hatten: Gaia, der doch eigentlich „nur“ supergenau Sternpositionen messen soll, entpuppt sich immer mehr als Vielzweck-Observatorium, das sogar für solch anspruchsvolle Extraaufgaben geeignet ist. Und das sogar allein anhand des Sternmusters, Farbinformationen wurden z.B. gar nicht erst verwendet.
Das Verblüffendste war aber die Entdeckung zweier starker Stern-Überdichten ohne jedes Gegenstück in Katalogen: „Gaia 1“ und „Gaia 2“ sind wahrscheinlich Kugelsternhaufen oder alte offene Haufen – und Gaia 1 befindet sich nur 10 Bogenminuten neben Sirius, dem hellsten Stern des Himmels! „Unzählige Generationen von Astronomen müssen direkt auf Gaia 1 gestarrt haben“, heißt es im Entdeckungs-Paper – doch das grelle Licht des Sterns verhinderte eine Entdeckung des Objekts „an seinem perfekten Versteck“. Dabei ist die Verdichtung in infraroten Himmelsdurchmusterungen durchaus deutlich zu erkennen (Abb.), was bei der Abschätzung der Eigenschaften des beachtlichen Haufens sehr hilft: Entfernung rund 15’000 Lichtjahre, rund 1200 Sterne, zusammen 14’000 Sonnenmassen, 30 Lichtjahre Durchmesser, Alter etwa 6 Mrd. Jahre – und es scheint nicht einmal ausgeschlossen, dass einzelne Sterne von Gaia 1 im sichtbaren Licht recht hell sind. Fotografische Experimente mit Abschirmung von Sirius könnten also reizvoll sein: Vielleicht ist Gaia 1 auch mit Amateurmethoden nachzuweisen. Schon jetzt aber ist klar, dass Gaia im Laufe der Mission zahlreiche weitere Sternhaufen und Zwerggalaxien entdecken müsste.
Daniel Fischer
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Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1702.01122
wer genau hinschaut, erkennt den Kern des Sternhaufens auch auf den DSS-Aufnahmen, die wikisky.org als Datengrundlage verwendet.