Ein Gamma-Signal zur Gravitationswelle?

Künstlerische Darstellung des NASA-Satelliten Fermi mit Blick auf den Gamma-ray Burst Monitor (GBM), der einen Großteil des Himmels auf Blitze energiereicher Strahlung überwacht. [MPG & NASA]

Die Saga um die erste direkt beobachtete Gravitationswelle hat eine überraschende Wendung genommen – oder die Natur hat den Astrophysikern, die sie mit dem starken Signal unmittelbar nach Einschalten der Advanced-LIGO-Detektoren beglückt hatte, diesmal einen kuriosen Streich gespielt. Nur 0,4 Sekunden nach dem Eintreffen der Welle an den beiden Laser-Interferometern registrierte nämlich der Gamma-ray Burst Monitor (GBM) auf dem NASA-Satelliten Fermi, der ständig 70% des Himmels überwacht, ein schwaches Aufleuchten mit Photonen-Energien über 50 keV. Dieser „Transient“ – der in Echtzeit keinen Alarm auslöste und erst später in den Daten aufgespürt wurde – dauerte etwa eine Sekunde und ähnelt keinem anderen bisher bisher beobachteten Gamma-Phänomen, sei es aus den Tiefen des Weltraums, von der Sonne oder von der Erde. Leider ist die Position der Quelle am Himmel nur schlecht bestimmt, aber die Zone überdeckt sich mit jenem bananenförmigen Feld am Südhimmel, in dem die Quelle der Gravitationswelle lokalisiert war. Kann das alles Zufall sein? Die LIGO-Theoretiker würden trotz allem erst einmal sagen: Ja.

Denn das kosmische Ereignis, von dem die Gravitationswelle am 14. September 2015 kündete, sollte nach allem Wissen über verschmelzende Paare von Schwarzen Löchern völlig „dunkel“ gewesen sein: Zwar wurde bei der Vereinigung der ca. 36 und 29 Sonnenmassen großen Schwarzen Löcher (die Zahlen sind jeweils auf ±5% genau) eine ungeheure Energie in Form von Gravitationswellen abgestrahlt, die der vollständigen Umwandlung von 3,0±0,5 Sonnenmassen entspricht – aber keinerlei elektromagnetische Strahlung. Jedenfalls nach den Modellvorstellungen für die Schwarzloch-Fusion, die die LIGO-Signale perfekt erklären können, nebenbei eine Distanz von rund 400 Mpc (1,3 Mrd. Lichtjahren) liefern und auch ausschließen, dass andere kompakte Objekte wie Neutronensterne beteiligt waren. Fusionen von Neutronenstern-Paaren sind andere Kandidaten für (viel schwächere) Gravitationswellen, sollten aber im Gegensatz zu Schwarzloch-Fusionen mit starker Gamma-Strahlung einher gehen: Sie sind die führende Erklärung für die kurzen Gamma-ray Bursts. Die nun laufenden Parallelbeobachtungen der bald noch empfindlicheren LIGOs und anderer Detektoren mit dem GBM sollten in den kommenden Jahren ein klares Bild liefern, welche extremen kosmischen Phänomene tatsächlich miteinander zusammen hängen: eine neue Ära der beobachtenden Astrophysik.

Daniel Fischer

LINKS:

Die Fermi-Arbeit: http://gammaray.nsstc.nasa.gov/gbm/publications/preprints/gbm_ligo_preprint.pdf

Die LIGO-Arbeiten: https://www.ligo.caltech.edu/page/detection-companion-papers

Dossier der MPG: http://www.mpg.de/dossier/gravitationswellen

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