Die Spiralstruktur der Milchstraße: innen zwei, außen vier Arme?

Wie man aus der neuen Kohlendioxid-Karte der Milchstraße deren Armstruktur rekonstruieren kann: Ganz innen die 3kpc-Arme, dann eine zweiarmige Struktur, die sich weiter außen in mehr Arme verzweigt. Die orangefarbenen Strukturen ganz außen wurden mit einer ganz anderen Technik über die Dicke der Milchstraßenschicht aus neutralem Wasserstoff bestimmt und setzen das - vierarmige - CO-Muster problemlos fort. [Englmaier et al.]
Wie man aus der neuen Kohlendioxid-Karte der Milchstraße deren Armstruktur rekonstruieren kann: Ganz innen die 3kpc-Arme, dann eine zweiarmige Struktur, die sich weiter außen in mehr Arme verzweigt. Die orangefarbenen Strukturen ganz außen wurden mit einer ganz anderen Technik über die Dicke der Milchstraßenschicht aus neutralem Wasserstoff bestimmt und setzen das – vierarmige – CO-Muster problemlos fort. [Englmaier et al.]
Die Titelgeschichte unseres Oktoberheftes (interstellarum Nr. 60) stellte die schon über hundert Jahre währenden Bemühungen der Astronomie vor, aus unserer Position mitten darin die Spiralstruktur unserer Milchstraße zu ergründen — und konnte letztlich auch nicht eindeutig entscheiden, ob ein Bild mit zwei oder vier Armen die angehäuften Beobachtungsdaten am besten erklären kann. Jetzt haben P. Engelmaier von der Universität Zürich, ein US-Kollege und ein Mathematiker aus Bochum noch ein weiteres Modell der galaktischen Spiralstruktur entwickelt, das quasi in die Mitte zwischen die beiden Möglichkeiten fällt. Diesmal bildet das Kohlenmonoxid-Gas die Grundlage, das in den Spiralarmen reichlich vorhanden ist: Die Geschwindigkeit einzelner Gaswolken relativ zur Sonne zu messen, ist schon lange kein Problem mehr. Doch es bleibt schwierig, aus dem Geschwindigkeitsmuster auf die Entfernung der Wolken zu schließen, um sie in eine Karte zu zeichnen, denn dazu muss das Muster ihrer Bewegung in der Milchstraße bekannt sein — oder es sind plausible Annahmen darüber nötig.

Bisher setzte man die Gaswolken der Einfachheit halber immer auf Kreisbahnen um das Galaktische Zentrum, doch die neue Arbeit benutzt das tatsächlich bekannte Gravitationspotenzial der Milchstraße mit ihrem inzwischen unstrittigen ausgeprägten Balken. Heraus kommen im Innenbereich der Milchstraße eindeutig zwei Arme — die aber weiter außen (bei rund 7 Kiloparsec, 23000 Lj) ungefähr in jenem Anstand vom Zentrum, auf dem die Sonne umläuft) in ein etwas irreguläres vierarmiges Muster übergehen! Innen dagegen herrscht eine nahezu perfekte Symmetrie vor, die sich auch im lange bekannten »3-Kiloparsec-Arm« und seinem erst 2008 gefundenen Gegenstück auf der anderen Seite des Milchstraßenzentrums manifestiert. Im Außenbereich spalten sich die Arme auf, wobei sich die Autoren nicht ganz sicher sind, ob es wirklich vier werden: Man könnte sogar ein dreiarmiges Muster in die Daten einpassen, wie es bei einigen anderen Galaxien gesehen wird. Vermutlich überlagern sich bei der Milchstraße zwei Dichtewellensysteme.

Daniel Fischer

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