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Das infrarote Spektrum zeigt aber noch jede Menge weitere Absorption durch andere chemische Verbindungen: Die LCROSS-Auswerter haben es bereits geschafft, auch die zusätzlichen Ergebnisse nachzuvollziehen, verraten aber noch nicht konkret, mit welchem Gemisch sie das geschafft haben. Es dürften aber eine Reihe kohlenstoffreiche Verbindungen dabei sein, eine »primitive« Chemie, nicht unähnlich derjenigen, die man in ursprünglichen Asteroiden oder gar Kometen findet. Auch ein Instrument auf dem Mondorbiter LRO, das kurz nach dem Impakt Reste der Ejektawolke aufspüren konnte, hat offensichtlich erstaunliche Mengen Quecksilber vorgefunden: Die Chemie des eisigen Mondbodens in den stets schattigen Kratern — die mit teilweise nur 35 Kelvin zu den kältesten Orten des ganzen Sonnensystems gehören — erweist sich als viel komplexer als erwartet. Die ganze Geschichte des Sonnensystems mag hier konserviert sein, aber noch wissen wir nicht, wie typisch das bemerkenswerte Ergebnis an dieser einen Stelle eines Kraters ist. Auch die Herkunft des Wassers ist keineswegs klar: Die Spekulationen reichen von Wasserdampf nach Kometentreffern über Eintrag aus dem Sonnenwind bis zu gigantischen Molekülwolken, durch die das Sonnensystem früher zog. Die 100kg in der Ejektawolke sind nur eine Untergrenze der Wassermenge, aber schon diese Zahl lässt sich nicht allein durch adsorbierte Moleküle erklären: Da muss richtiges Eis im Boden des Kraters Cabeus gewesen sein, nicht unbedingt ein gefrorener See sondern eher Eiskörnchen, in den Boden gemischt.
Entdeckungen von Wasser irgendwo im Sonnensystem oder jenseits davon gehören längst zum Alltag der Astronomie, aber dass nun auch unser scheinbar so knochentrockener nächster Nachbar damit ausgestattet ist, lässt schon aufhorchen: Zumindest der Boden des LCROSS-Kraters Cabeus ist im Schnitt feuchter als die trockensten Wüsten der Erde, die Atacama in Chile zum Beispiel! Wieviel Wasser es auf dem Mond insgesamt gibt, lässt sich freilich nur schwer hochrechnen, und es ist auch keineswegs klar, dass die konzentrierten Eisvorkommen in den Polkratern überhaupt mit den nur moleküldicken Wasserschichten auf dem restlichen Mondboden in Zusammenhang stehen, deren Entdeckung im September für Aufsehen gesorgt hatte. Gleichwohl begannen sofort emsige Diskussionen über eine Nutzbarkeit des Mondeises für bemannte Operationen, und angesichts der anstehenden Entscheidung der Obama-Administration über die künftigen Ziele der bemannten US-Raumfahrt sieht sich die eigentlich abgeschlagene Mondfraktion plötzlich im Aufwind. Zunächst einmal geht aber die Auswertung der umfangreichen Daten vom LCROSS-Experiment weiter: Der Impakt war für Beobachtungen von der Sonde aus optimiert, während die Beobachter auf der Erde wegen des hohen Kraterrandes deutlich schlechtere Karten hatten als es anderswo der Fall gewesen wäre. Aber auch so gibt es faszinierende Daten über Gas, das hoch über den Mond aufstieg, vielleicht sogar ein bisschen Staub. Die Auswertung ist allerdings sehr mühsam, und vor nächstem Frühjahr sollte man mit keinen klaren Antworten rechnen. Dass LCROSS — letztlich nur eine preiswerte Zugabe zur LRO-Mission — aber ein großer Erfolg der Planetenforschung geworden ist, daran besteht nun kein Zweifel mehr.
Daniel Fischer
Bilder zur Entdeckung: www.nasa.gov/mission_pages/LCROSS/main/prelim_water_results.html | |
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