Cassini vermisst Sterne – mithilfe der Saturnringe

So sehen die VIMS-Messungen einer Mira­be­deckung durch die innere Kante der Encke-Teilung aus: Die Wellenlänge läuft von links nach rechts, die Zeit von hinten nach vorn. Die Informationen über die Größe des Sterns bei verschiedenen Wellenlängen stecken in der genauen Form der »Klippe«, die mit Modellrechnungen verglichen wird. [Steward et al.]

Die Winkelauflösung eines Teleskops wird hauptsächlich durch seinen Durchmesser – und auf dem Erdboden natürlich auch die Luftunruhe – bestimmt: Gegen diese harte physikalische Grenze kämpft die optische Astronomie schon seit einem Jahrhundert an. Eine instrumentell äußerst aufwendige Lösung ist Interferometrie, bei der das Licht mehrerer voneinander entfernter Teleskope wellengenau zusammengeführt wird: Damit lassen sich Details oder wenigstens Dimensionen von Himmelskörpern weit unter der Auflösungsgrenze eines Einzelteleskops nachweisen.

Viel einfacher ist eine andere Methode, die auch schon seit vielen Jahrzehnten Verwendung findet. Wenn der Erdmond, dessen Rand aus Erdsicht eine extrem harte Kante darstellt, vor einem fernen Himmelsobjekt herzieht, wird dessen Licht aufgrund seiner Wellennatur in einer charakteristischen Weise gebeugt. Einer Lichtkurve von Ein- oder Austritt mit hoher Zeitauflösung kann dann allerlei räumliche Information über die Helligkeitsverteilung der Quelle in der Dimension entlang der Mondbahn entlockt werden.

Leider bedeckt der Mond trotz seiner Bahnneigung zur Ekliptik nur Himmelskörper in einem schmalen Streifen am Himmel, und die Szintillation der Erdatmosphäre beeinträchtigt die Qualität der Lichtkurven. Ganz anders ist das für den Saturnorbiter Cassini, der im Rahmen seiner Erforschung der Saturnringe immer wieder Lichtkurven von Sternen aufzeichnet, die hinter ihnen verschwinden. Die enorme radiale Feinstruktur der Ringe lässt sich so abtasten – aber umgekehrt lassen sich besonders harte Kanten innerhalb des Ringsystems für die Untersuchung der verwendeten Sterne nutzen! Dies ist nun erstmals anhand dreier Bedeckungen des großen Veränderlichen Sterns Mira durch den Rand der Encke-Teilung demonstriert worden, wo die Ringdichte innerhalb weniger Dutzend Meter fast auf Null zurückgeht. Die Lichtkurven aus der Cassini-Fotometrie mit dem VIMS-Instrument (Visual and Infrared Mapping Spectrometer) sind mindestens so gut wie die besten irdischen bei Verwendung des Mondes, und bekannte Erkenntnisse über Miras Durchmesser bei verschiedenen Wellenlängen werden reproduziert. Ein ganz neues Tätigkeitsfeld für Cassini tut sich damit auf, warten doch schon Lichtkurven von über hundert weiteren Sternbedeckungen im Archiv.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1305.4617

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