Bangen um Hubbles ACS: Bilder, die uns fehlen würden

Hubble ACS (1)
Hubble ACS (1)

Dieser Artikel wäre beinahe zu einem Nachruf auf die prächtigste Kamera geraten, die je im Hubble Space Telescope ihren Dienst tat: die 2002 installierte Advanced Camera for Surveys (ACS), die am 27. Januar endgültig ihren Dienst quittierte, nachdem auch die Ersatzstromversorgung den Geist aufgegeben hatte. Kurz nach dem Ausfall hatte es geheissen, eine Reparatur der Kamera bei der für September 2008 geplanten letzten Shuttle-Mission zum Satelliten sei ausgeschlossen: Der Zeitplan ist bereits so voll, dass dafür andere wichtige Arbeiten an Hubble entfallen müssten, und das hätten auch die meisten Astronomen schon eingesehen. Ausserdem käme ja bei der Mission mit der WFC3 eine andere sehr leistungsstarke Weitwinkelkamera an Bord. Doch auf einer der Telekonferenzen der NASA anlässlich der Vorstellung des Etatentwurfs für das nächste Finanzjahr klang es plötzlich anders: »Stay tuned!« Denn es werde durchaus noch über alle Möglichkeiten diskutiert, und die Kamera sei keineswegs aufgegen worden. Ausserirdisch schöne Bilder wie dieses hier – die Sternentstehungsregion N90 in der Kleinen Magellanschen Wolke, wo die Strahlung junger Sterne die Geburtswolke von innen her auffrisst – wird es vielleicht in zwei Jahren wieder geben.

 

Hubble ACS (2)
Hubble ACS (2)

Auch dies ein ACS-Bild, vom Innenbereich der Balkenspiralgalaxie NGC 1313 im Reticulum: Nur Hubble hat die Winkelauflösung, um in der 14 Mio. Lichtjahre entfernten Galaxie noch einzelne Sterne aufzulösen. Und das war entscheidend, um festzustellen, dass offene Sternhaufen nur ein geringes Alter erreichen, bevor die gemeinsam geborenen Sterne auseinander driften. Denn die ACS fand in NGC 1313 eine große; Zahl isolierter massereicher B-Sterne, die keinen Haufen mehr zuzuordnen sind: Weil diese Sterne nur wenige Dutzend Mio. Jahre leben, dürfte es einen typischen offenen Sternhaufen nur etwa 25 Mio. Jahre lang zusammenhalten. Bereits in der Antennen-Galaxie, wo zwei Galaxien kollidieren, war gezeigt worden, dass 90% aller Sternhaufen binnen 10 Mio. Jahren zerfallen, bei NGC 1313 konnte das nun erstmals in einer normalen Spiralgalaxie nachgewiesen werden. Die noch massereicheren O-Sterne sind noch kurzlebiger als die B-Sterne und explodieren bereits als Supernovae, bevor die Haufen zerfallen: Deswegen gibt es in NGC 1313 so gut wie keine freien O-Sterne. Ihre Explosionen könnten sogar der Grund für den raschen Zerfall der Haufen sein: Sie blasen viel Staub und Gas heraus, die Gesamtmasse des Haufens sinkt, und die anderen Sterne machen sich davon.

 

Hubble ACS (3)
Hubble ACS (3)

ACS-Beispiel Nr. 3: Kugelsternhaufen einer fernen Galaxie hinter einem Kugelsternhaufen der Milchstraße – alles in einem Bild. Der funkelnde Haufen im Vordergrund ist NGC 6397, mit rund 8500 Lichtjahren Entfernung einer der erdnächsten Kugelhaufen überhaupt. Und inmitten des Gewusels sieht die ACS eine elliptische Galaxie, die ihrerseits wiederum von mehreren hundert Kugelhaufen umgeben ist, jeder selbst wiederum aus hunderttausenden Sternen zusammengesetzt. Die fernen Haufen erscheinen in über einer Milliarde Lichtjahren Distanz nur als schwache Lichtpünktchen, jedes 10-Mio.-mal schwächer als ein einzelner Stern von NGC 6397: Sie sind die fernsten Kugelhaufen, die überhaupt bekannt sind und lassen erkennen, wie die Kugelhaufen unserer eigenen Milchstraße vor einer Jahrmilliarde ausgesehen haben mögen.

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