Diesen April soll auf einem Workshop von Sonnenforschern eine einmütige Prognose für die Stärke des kommenden 24. Maximums der Sonnenaktivität verkündet werden, und eine Arbeitsgruppe konferiert seit Oktober 2006 monatlich, um einem Konsens näher zu kommen. Die Aufgabe ist hart, wie das Team auf einer AGU-Pressekonferenz am 12.12.2006 berichtete: Bisher liegen ihm 37 verschiedene Prognosen vor – und sie verteilen sich völlig gleichmässig, von einem besonders schwachen bis zu einem besonders starken Maximum! Konkret reicht die vorausgesagte geglättete maximale Fleckenzahl von 42 bis 185; der Rekord lag bei 201 im 19. Maximum. Der Mittelwert der Prognosen aus 15 Ländern auf 5 Kontinenten liegt bei 117, was ziemlich genau das Mittel aller Sonnenmaxima bisher war, aber das genügt den Forschern nicht: Weil immer mehr technische Systeme unter dem »Weltraumwetter« leiden und der Ruf nach langfristigen Prognosen lauter denn je ist, sollen die einzelnen Vorhersagen systematisch analysiert und schliesslich zusammengeführt werden. Fluglinien, die über die Erdpole fliegen, Nutzer von GPS, Satellitenbetreiber: Alle wüssten gerne, was auf sie zukommt.
Die zwölf Experten – sechs haben selbst Prognosen abgegeben, die anderen geben sich betont unentschieden – wollen bei
jeder Methode fragen, was dahinter steckt: konkrete Sonnenphysik, reine Zeitreihenanalysen der Vergangenheit, angebliche Vorläufer-Indikatoren der Zyklenstärke? Dann sollen die Prognosen in sieben Kategorien einsortiert werden, wo sie sich (manchmal) um bestimmte Mittelwerte häufen, und am Schluss soll eine Entscheidung herbeigeführt werden, die im Idealfall die meisten der Vorhersager unterschreiben. (Noch mehr Prognosen sind übrigens willkommen, wenn sie mit einer konkreten Begründung verbunden sind.) Die gleiche Übung gab es schon einmal vor einem Jahrzehnt, als die Streubreite der Prognosen geringer als jetzt war (von einem besonders schwachen Maximum ging niemand aus). Doch Erfahrung macht nicht unbedingt klüger: »Bewährte« Prognosetechniken, die mehrere Zyklen lang dasselbe voraussagten, divergieren ausgerechnet jetzt. Das Minimum der Sonnenaktivität wird allgemein für irgendwann dieses Jahr erwartet, und im jährlichen Rhythmus soll die Konsens-Prognose aktualisiert werden: Wenn der 24. Zyklus erst einmal Fahrt aufgenommen hat, wird die Aufgabe immer leichter.
Auch mitten im Minimum kann die Sonne gewaltig ausbrechen: Diesen bekannten Lehrsatz bestätigte im Dezember nachhaltig die Aktivitätsregion 10 930 (alias 10 923), die nicht nur mit einem mit dem blossen Auge sichtbaren Sonnenfleck aufwartete, der über die gesamte Sonnenscheibe wanderte (und soeben zurückgekehrt ist, jetzt mit der neuen Nr. 933). In der AR 930 (die wiederum eine Runde vorher die Nr. 923 trug) ereigneten sich auch etliche starke Flares (deren Folgen manche Techniken sogar unterschätzt haben könnten), mit einem Strahlungssturm in der Folge, der Auswirkungen auf zahlreiche Satelliten und auch die ISS hatte und überdies zu schönen Polarlichtern rund um die Welt führte. Die ungewöhnlichste Beobachtung bei einem der ersten Flares war aber ein »Tsunami« in der Chromosphäre, durch die sich nach der Eruption eine markante Moreton-Welle ausbreitete.
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