Erinnerungen wurden gestern wach an den Mai 2003: Nicht nur hatte vor 13 Jahren der letzte in Europa sichtbare Durchgang des Planeten Merkur vor der Sonnenscheibe stattgefunden (und der vorletzte überhaupt), es hatte auch ähnlich gutes Wetter in Mitteleuropa geherrscht wie nun wieder in vielen Regionen. Die Hauptunterschiede lagen in der Tageszeit – Nachmittag statt Vormittag – und den enormen Fortschritten in der Kameratechnologie, die heute Amateurbeobachtern zur Verfügung steht. Und Wegen zur Verbreitung der Ergebnisse: Noch während das 7-1/2-stündige Ereignis seinen Lauf nahm, wurden bereits beeindruckende Bilder in sozialen Netzwerken verbreitet und liefen etliche Webcasts, von denen viele aus Volkssternwarten kamen oder Privatinitiativen waren. Auch die Astrofoto-Community von Abenteuer Astronomie war hoch aktiv. Zugleich war das Interesse der breiteren Öffentlichkeit in ungleich stärkerem Maße geweckt worden als 2003, oft verbunden mit dem Hinweis, doch bitte die nächstgelegene öffentliche Beobachtung aufzusuchen. Wie wie Berichte von zahlreichen Schauplätzen belegen, wurde von den über hundert solchen Angeboten allein in Deutschland reger Gebrauch gemacht.
Dabei war es weniger die visuelle Dramatik des Ereignisses, die die Betrachter bewegte, maß der winzige Merkur doch nur 1/160 des Sonnendurchmessers und zog so langsam über die Sonnenscheibe, dass für das Auge keine Bewegung erkennbar war. Vielmehr hatte die immer wieder betonte Seltenheit solcher Transits Interesse geweckt und den Wunsch, bei so etwas Außergewöhnlichem dabei zu sein. Einmal den Merkur vor der Sonne im Blick realisierte so mancher dann zum ersten Mal die Dimensionen des Sonnensystems: etwa die gewaltigen Ausmaße der Sonne im Vergleich zum keine 5000 km großen Merkur. Derlei Betrachtungen ließen sich am besten auf großen projizierten Bildern der Sonne anstellen, die sich einmal mehr als das ideale Vehikel für öffentliche Sonnenbeobachtungen erwiesen: Bei einem Event in Bochum z.B. „zelebrierten“ alle Gäste gemeinsam den Eintritt des Merkur. Auch lassen sich projizierte Bilder leichter abfotografieren als der Blick durch ein Okular. Und noch eine Erfahrung beim Merkurtransit 2016, für alte Hasen wenig überraschend: Es braucht nur relativ wenig technischen Aufwand, um diesen Planeten vor der Sonne nachzuweisen – und nicht die in vielen Medienberichten beschworenen „Spezialteleskope“ mit „mindestens 50-facher Vergrößerung“ (fünffach genügte). Mit großem Gerät war der Anblick freilich viel schöner: Der Tipp, aus diesem Anlass einmal die nächste Volkssternwarte zu suchen, war schon deswegen sehr sinnvoll gewesen.
Daniel Fischer
LINKS:
Lehren aus dem Transit: https://bonnstern.wordpress.com/2016/05/10/was-ich-beim-merkurdurchgang-2006-gelernt-habe
Öffentliche Beobachtungen mit Abenteuer-Astronomie-Mitarbeitern: http://www.merkurtransit.de/transitbonn2016.htm (Paul Hombach), http://www.sternwarte-siebengebirge.de/unser-internationaler-merkurtransit-ueber-dem-drachenfels/ (Christian Preuß) und https://diary4dan.wordpress.com/2016/05/09/merkur-durchgang-2016-am-planetarium-bochum (Daniel Fischer)
Links zu zahlreichen Berichten: http://www.merkurtransit.de/transitberichte2016.htm
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