Mit Gaias Hilfe: leuchtkräftigster bekannter Quasar im Kosmos gefunden

Der Quasar J2157-3602 auf nahinfraroten Bildern des VISTA-Teleskops der ESO im J-, J- und Ks-Band: Wie auch auf anderen teleskopischen Bildern ist er immer eine ganz einsame Punktquelle - da ist keine Gravitationslinse am Werk, die seine Helligkeit 'künstlich' verstärkt haben könnte. [Wolf et al.]

Moderne Astronomie: Die Zusammenführung des brandneuen zweiten Katalogs des Gaia-Satelliten mit weiteren Himmelsdurchmusterungen auf der Erde und im Weltraum hat den bis jetzt absolut leuchtkräftigsten Quasar des Universums dingfest gemacht. In dessen Zentrum nach heutigem Verständnis dieser hyperaktiven Galaxienkerne ein Schwarzes Loch mit 20 Milliarden Sonnenmassen stecken sollte, das jeden Tag eine weitere halbe Sonnenmasse verschlingt.

Das Beispiel des Quasars SMSS J215728.21-360215.1 – etwas einfacher: J2157-3602 – demonstriert elegant, wie Astronomie im 21. Jahrhundert funktionieren kann. Groß ist das Interesse an starker Galaxienaktivität im jungen Kosmos, stecken nach weithin akzeptierter Auffassung doch gigantische Schwarze Löcher dahinter, die es so früh noch gar nicht geben sollte. Und sie verraten sich durch ihr Licht, das beim Sturz von Gas in die Schwarzen Löcher sehr heiß wird und so – wenn nicht dichter Staub die Sicht nimmt – indirekt Auskunft über Masse und Fütterungsrate gibt. Dieses Licht hat zwar ein recht charakteristisches Spektrum und ist durch den Helligkeitsvergleich in verschiedenen Filtern eigentlich gut zu identifizieren – aber es gibt leider in der Milchstraße dramatisch mehr Sterne mit ganz ähnlichem Farbmuster: Da hilft eine noch so gründliche Himmelsdurchmusterung erst einmal nichts. Aber nun gibt es den zweiten Gaia-Katalog, der neben Sternpositionen und Helligkeiten auch die Parallaxen von 1,3 Milliarden himmlischen Punktquellen enthält: Gerade die nahen roten Zwergsterne, die scharenweise ferne Quasare vortäuschen, verraten sich durch ihre scheinbaren Ellipsen am Himmel, während Erde und Gaia um die Sonne ziehen – während die Quasare still stehen.

Jetzt mussten „bloß“ noch mehrere große Kataloge – Big Data sozusagen – miteinander verglichen werden, um die besten Quasar-Kandidaten in großer Distanz und mithin hoher Rotverschiebung zu isolieren: Die gesuchten leuchtkräftigsten sind für Gaia hell genug. Die anderen Katalogen stammten vom australischen SkyMapper, der Infrarot-Durchmusterung 2MASS und dem IR-Satelliten WISE: Sie lieferten die für die Kandidaten-Auswahl nötigen Farben vom sichtbaren Licht bis ins Infrarote. Wie die Selektions-Prozedur im Detail ablief, wird noch nicht verraten, aber der beste Fund konnte bereits zwei Wochen nach Freigabe des Gaia-Katalogs 2 präsentiert werden: Der Quasar J2157-3602 hat eine Rotverschiebung von 4,75, d.h. sein Licht war 12 Milliarden Jahre zu uns unterwegs – aber wegen der Expansion des Kosmos seither erscheint der Quasar so dunkel, als ob er 140 Milliarden Lichtjahre entfernt wäre. Trotz einer visuellen Gaia-Helligkeit von nur +18 mag. (oder ~15 mag. in nahen Infraroten) hat der Quasar mithin eine absolute Helligkeit von gigantischen -30 mag. im Ultravioletten und eine Leuchtkraft von 700 Billionen Sonnen: höchstwahrscheinlich ein neuer Rekord. Hinter dem ein Schwarzes Loch von rund 20 Milliarden Sonnenmassen steckt, das mit maximal möglicher Rate „frisst“, wächst und glänzt: ein sehr seltenes Exemplar und ein ganz wichtiger Fund.

LINKS:

Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1805.04317
ANU Press Release: http://www.anu.edu.au/news/all-news/astronomers-find-fastest-growing-black-hole-known-in-space
Viele weitere Gaia-basierte Forschung: https://arxiv.org/find/astro-ph/1/abs:+AND+Gaia+DR2

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