Der Titel der Forschungsarbeit spricht vom „ersten Blick auf eine neue Ära“: Mit Hilfe der Satelliten-Observatorien Hubble und Gaia sind die Bewegungen zahlreicher Sterne in einer kleinen Nachbargalaxie eindeutig vermessen worden – sowohl die Bewegung dieser Sculptor-Zwerggalaxie (Bild oben) als ganzer relativ im Raum als auch das Bewegungsmuster der Sterne in der Galaxie selbst werden nun erkennbar.
Für diese Messungen wurden Bilder des Hubble Space Telescope mit der ersten Version des superpräzisen Himmelskatalogs des Gaia-Satelliten kombiniert, der die Positionen der Sterne 12,3 Jahre nach der Hubble-Beobachtung angibt. Zum Glück gibt es in Richtung der knapp 300000 Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie auch zwei ferne Galaxien mit hinreichend scharf definierten Kernen, so dass sie als Referenz dienen können: Der Sculptor-Zwerg bewegt sich mit 0,04 Bogensekunden pro Jahr relativ zu ihnen, was rund 150 km/s Geschwindigkeit in der Himmelsebene entspricht. Nimmt man nun noch die schon früher gemessene Geschwindigkeit entlang der Sichtlinie und die Entfernung dazu, lässt sich der Orbit des Zwergs um die Milchstraße komplett beschreiben: Es ist eine überraschend ausladende Ellipse, der geringste Abstand beträgt 240000, der fernste 700000 Lichtjahre. Zur Zeit ist Sculptor also der Milchstraße ziemlich nahe.
Auch das Geschwindigkeitsmuster innerhalb der Galaxie lässt sich aus den Messungen ermitteln: Entlang der Sichtlinie sind sie deutlich schneller unterwegs als in der Himmelsebene, eine hohe Asymmetrie, wie sie noch nie bei einer anderen Galaxie gemessen werden konnte! Sie lässt wiederum Schlüsse auf die Massenverteilung in Sculptor zu, die aber noch nicht ganz eindeutig sind: Vielleicht hat die Zwerggalaxie einen komplex geformten Halo aus Dunkler Materie, vielleicht handelt es sich um einen subtilen Auswahleffekt (bei dem die vorrangig beobachteten Sterne nicht typisch für die Galaxie als ganze sind) – oder der Entstehungsmechanismus der Galaxie führte zu unerwartet vielen Sternen auf stark elliptischen Orbits. Die weiteren Messungen der Sternpositionen mit dem Gaia-Satelliten – dessen Mission kürzlich um 18 Monate bis 2020 verlängert wurde – werden noch zu wesentlich klareren Aussagen führen: Für jeden Stern wird der Satellit allein bald präzisere 3D-Bewegungsdaten liefern als sie jetzt unter Einbeziehung der alten Hubble-Bilder berechnet werden können.LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1711.08945
Hubble Release: http://www.spacetelescope.org/news/heic1719
ESA Release: http://sci.esa.int/gaia/59806-stellar-motions-in-nearby-galaxy-hint-at-underlying-dark-matter
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